Hallo zusammen,
ich möchte hier gerne mal unsere (f36 + m37, Paar seit fast 20 Jahren, verlobt seit Juli) Situation beschreiben und erhoffe mir vor allem weibliche Sichtweisen und Meinungen zum Thema.
Wie ihr euch leicht errechnen könnt, sind wir schon seit Teenagerjahren ein Paar und man kann fast sagen, dass wir zusammen "aufgewachsen" sind. Wir haben in fast allen Lebenslagen identische Interessen und Hobbies, verbringen fantastische Urlaube und sind beide nicht so die Menschen-Menschen, wenn ihr versteht, was ich meine. 😄 (Wir sind froh, wenn wir einfach mal Zeit für uns haben und "opfern" ungern all unsere Freizeit für den Freundeskreis. Zum Glück haben wir Freunde, die da ähnlich gepolt sind. Wenn wir mal Zeit ohne einander verbringen müssen, vermissen wir uns sehr, sehr schnell.)
Es hat bis Juli diesen Jahres gedauert (okay, abzgl. einiges an Vorbereitungszeit), dass ich mir dachte "Bist du eigentlich bescheuert? Heirate diese Frau endlich!". Ich machte ihr im Urlaub abends am Strand einen Heiratsantrag, sie fiel aus allen Wolken und ich erntete ein "Natürlich!" als Antwort. Warum hat es so lange gedauert? Vermutlich weil es einfach gut war, wie es war und die Zeit, ohne dass man es spürte, vor sich her raste.
Klingt eigentlich alles perfekt, wäre da nicht unser Sexleben...
Am Anfang der Beziehung konnten wir kaum die Finger voneinander lassen, mehrmals Sex am Tag war die Regel und man lief nach dem Wochenende schon mal mit schwerem Muskelkater und Brandflecken an Knien und Ellenbogen durch die Gegend. Okay, gut, wir waren halt Teenager, da war die körperliche Kondition natürlich auch noch eine ganz andere.
Dass es sich nach 1-2 Jahren langsam etwas reduzierte, sehe ich nicht als problematisch. Sex hatten wir i. d. R. schon zumindest noch 1x am Wochenende. Bereits hier bemerkte ich aber, dass ich einen deutlich höheren Sexualtrieb hatte, als sie, was manchmal zu etwas Frustration führte.
Nach 7 Jahren Beziehung zogen wir in unsere gemeinsame Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt gab es definitiv seltener Sex als 1x die Woche. Es ist nicht so, dass wir da nicht drüber gesprochen hätten... (sowohl früher, als auch heute) Sie hatte seit Anfang unserer Beziehung zugenommen, fühlte sich oft unwohl in ihrem Körper, steckte mittlerweile mitten im Berufsleben inkl. Wochenendarbeit. Sie erklärte mir, dass sie nicht einfach einen Hebel umschalten könne um in Stimmung zu kommen. Natürlich versuchte ich ihr deutlich zu machen, dass ich ihren Körper genau so begehre wie er ist und kleinere Spielereien wie Sexpositions-Würfel und -Apps brachten gelegentlich Würze in die Sache, so dass wir beide unseren Spaß hatten, aber Allheilmittel waren das nicht.
Seit wir zusammen wohnen, merke ich es recht deutlich, wenn sie in Stimmung ist. Wenn ich dann z. B. anfange sie zu berühren, renne ich quasi offene Türen ein. Aber diese Momente sind sehr, sehr selten geworden... Wir sind bei diesem Thema sehr schlecht in der Kommunikation, noch nie hat einer die/den andere/n aktiv gefragt, wie es jetzt gerade mit Sex aussähe. Stattdessen berühren wir uns entsprechend und warten ab, ob es zu Gegenliebe führt. Das versuche ich um einiges häufiger als sie und während sie so ziemlich eine 100%-Erfolgsquote hat, liegt meine wohl eher im einstelligen Bereich (da ich es nicht nur dann versuche, wenn ich merke, dass sie in Stimmung ist, sondern gerne auch mal, wenn ich den Eindruck habe, dass wir beide fit sind und wir Zeit haben sollten).
Phasenweise reiße ich mich wochenlang zusammen, da ich mich nicht aufdrängen möchte, und hoffe einfach darauf, dass sie von sich aus "initiiert". In der Regel führt das leider zu noch viel längeren Trockenphasen.
"Trockenphasen" haben wir nicht immer, manchmal bin ich in puncto Häufigkeit echt happy und hoffe, dass es so bleibt. Wir experimentieren auch gelegentlich (zusammen Pornokomödien anschauen, erotische Kartenspiele, Fesseln, sie hat sogar Freude daran mit mir den Schniblo-Tag zu zelebrieren, inkl. Ananassaft 😆), aber alles was kurz neu und aufregend wirkt, ebbt auch nach einiger Zeit wieder ab und man ist beim alten Status Quo.
Ich verstehe sie schon... Sie arbeitet viel, oftmals die ganzen Wochenenden durch, hat viel Stress, sorgt sich manchmal um ihre Familie, ist oft müde, hat Verspannungsschmerzen, die ihr gelegentlich auch Angst einjagen (linksseitig). Da versuche ich Rücksicht drauf zu nehmen und natürlich unterstütze ich sie auch, wo ich kann, dabei diese Sorgen loszuwerden. Ich sagte ihr gegenüber aber auch schon mal, dass gerade in solchen Phasen Sex schon mal gut tun könnte.
Ich möchte behaupten, dass unser Sex sehr liebevoll und recht gut ist. Mittlerweile kommt sie schneller und einfacher zum Orgasmus als ich - ich muss beim Vorspiel echt vorsichtig sein, dass sie nicht vorzeitig kommt. Hin und wieder schaffe ich es sie ganz langsam zu stimulieren, damit es nach der Penetration etwas länger anhält. Tatsächlich bin ich in den letzten Jahren eher derjenige, der schon mal Schwierigkeiten haben kann zum Orgasmus zu kommen, besonders wenn sie längst kam und mich dann irgendwann fragend ansieht, ob bei mir alles okay ist. Tatsächlich ist die Seltenheit etwas, das bei mir Druck auslöst... WENN wir dann schon mal Sex haben, soll es auch perfekt sein und keine schnelle Nummer - gerade dieser "Leistungsdruck" verhindert manchmal genau das. In letzter Zeit bin ich zum Glück wieder etwas besser darin meinen Orgasmus zu steuern.
Seit 2019 nimmt sie die Pille nicht mehr. Sie hatte vergessen sie mit in den Urlaub zu nehmen, hatte aber eh schon immer Angst vor den Nebenwirkungen, so dass sie sie nicht wieder verschreiben ließ. Wir nutzen Kondome, befriedigen uns seitdem allerdings auch sehr oft einfach "nur" oral, was uns beiden eigentlich gut zu gefallen scheint. (Tatsächlich bringt sie mich auf diese Art zu einem Orgasmus, der so intensiv ist, dass ich es für eine halbe Minute kaum aushalten kann, besonders wenn sie nicht loslässt - ich hab echt keine Ahnung, wie sie das macht!)
In den letzten Monaten versuchte ich eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln... Mein Drängen auf Sex und ihre Ablehnung vergiftete unsere ansonsten perfekte Beziehung. Ich versuchte mich einfach damit abzufinden - ihre Libido ist nicht sehr groß und wenn wir dann doch Sex haben, ist es toll. Kein Grund unsere Beziehung zu schädigen, nur weil ich "mehr" will, ich muss mich einfach mal damit abfinden, dass wir in dem Punkt nicht gleich ticken. Hin und wieder masturbiere ich halt um den Druck rauszukriegen (ansonsten entwickeln sich bei mir nach einiger Zeit echte Schmerzen) und ich versuche dabei mal mehr mal weniger erfolgreich auf Pornos zu verzichten, da diese nur falsche und unrealistische Erwartungshaltungen in meinen Kopf pflanzen. Es soll mir einfach nur helfen meinen Kopf nicht zu vergiften, so dass wir einfach glücklich miteinander sein können.
So... Und jetzt kommt der Twist der Geschichte. Gestern Abend suchte ich ihr CBD-Öl, das ihr bei ihren Verspannungsproblemen helfen sollte, kramte neben unserem Bett in ihrem Nachttisch und bemerke eine große blaue Box mit der Aufschrift "Vibrator". Ich traue meinen Augen nicht und sage mir, dass es nicht ist, was ich denke, doch jawohl. Es ist ein appgesteuerter, doppeltstimulierender Satisfyer "Mono Flex" und dazu gibt es noch einen Glasdildo.
Ich musste aufpassen mich nicht von meinen Emotionen überwältigen zu lassen, die mich wellenartig durchliefen, legte alles zurück und behielt erst mal jeden Kommentar für mich.
Das ganze beschäftigt mich mehr als es sollte, das weiß ich selbst. Ich konnte kaum schlafen, da mir die immer selben Fragen aufkamen. Ich arbeite im Home Office - die Momente, in denen sie die Gerätschaften ungestört nutzen kann, sind sehr rar. Und in diesen raren Momenten ist sie dann in der Stimmung, die sie für mich nur so selten hat? Kann ich da rein physikalisch überhaupt ansatzweise mit dem Gefühl mithalten, das sie sich selbst erzeugt? Warum hält sie das alles vor mir geheim? Rede ich mit ihr darüber? Wie rede ich mit ihr darüber? Wir hatten mal einen Eis.de Adventskalender, in dem ähnliche Spielzeuge drin waren. Warum haben wir davon kaum etwas genutzt? Schämt sie sich?
Nachdem ich mich in der Beziehung für den einzigen Sexaholic hielt, war es irgendwie ein Schock. Ich rechnete zwar schon damit, dass sie bestimmt hin und wieder Selbstbefriedigung betrieb, aber das wirkte ja nach einer richtigen Zelebrierung. Nachdem ich bald 20 Jahre lang dachte, dass sie eigentlich kaum Sexualtrieb hat.
Ich habe mir jetzt einen kleinen Plan entwickelt, wie ich damit umgehe... Ich habe einen Zettel beschrieben, auf dem ich halb humorvoll frage, ob ich mitmachen/helfen/zuschauen dürfe und gleichzeitig dafür entschuldigt, dass ich nicht rumschnüffeln wollte und nur das Öl gesucht hatte. Den Zettel habe ich an beide Objekte festgebunden und alles wieder zurückgelegt. Der Vorteil ist, dass sie den Zettel erst sieht, wenn sie das nächste Mal Lust hat, hoffentlich also der ideale Zeitpunkt das ganze mal zu besprechen.
Versteht mich nicht falsch, ich verurteile sie gar nicht, es macht mich sogar ziemlich an, um ehrlich zu sein. Es ist als Frau mit Sicherheit reizvoll die Funktionen auszuprobieren. Ich hätte es nur schöner gefunden, wenn sie den Einkauf nicht heimlich getätigt hätte und es ins gemeinsame Vorspiel mit eingebaut hätte. Das soll nicht heißen, dass sie es nicht alleine nutzen darf (wie gesagt..., ich masturbiere ja ebenfalls), aber ein bisschen Offenheit hätte verhindert, dass ich nun dieses miese Gefühl in mir rumtrage.
Ich bin gespannt, wie es nun weitergeht und natürlich auch, wie hier die allgemeine Meinung/Reaktion ausfällt.