Die letzten Monate lassen mich sehr nachdenklich zurück. Meine Eltern waren 60 Jahre ein Paar, 56 Jahre verheiratet. Mein Vater hat meine Mutter bis zu ihrem Tode vor einem 3/4 Jahr betreut und sich um alles gekümmert, ihren immer schlechter werdenen Gesundheitszustand aufgefangen. Sie ist mit 84 Jahren, eine Woche vor ihrem 85 Geburtstag gestorben, mein Vater mit 87 Jahren verwitwet.
Im Dezember ist sein Freund aus Kindheitstagen, verstorben. Die beiden hatten lose Kontakt während ihrer Erwachsenen Zeit - sich nie aus den Augen verloren aber maximal alle 15 Jahre einmal gesehen. Mein Vater ist zur Beerdigung gefahren.
Soweit so gut.
ABER seit dem haben er und die Witwe seines Kinderfreundes engen Kontakt, sehr engen. Chatten ständig, schauen sich zusammen Filme an - sie leben in verschiedenen Städten und sind dauernd über Whatsapp und so verbunden. Jetzt hat sie ihn zur grossen Feier seines 88 Geburtstages besucht. Alle waren von ihre begeistert. Sie ist umwerfend - selbstbewusst, lustig, eine Powerfrau mti 85 Jahren.
Und was soll ich sagen - ich könnte heulen, wenn cih die beiden zusammen sehe. Mein Vater ist wackelig auf den Beinen, er kann nciht mehr weit gehen, alles tut ihm weh. Sie ist auch ähnlich gesundheitlich aufgestellt. Und sie freuen sich so übereinander (mein Vater meinte "nicht gesucht, aber gefunden") Und - mein Vater erlebt zum ersten Mal, wie schön es ist, jemanden an der Seite zu haben, die nciht toxisch ist, die positiv ist, die finanziell unabhängig ist, die ihn nciht niedermacht sondern bewundert und sich immer freut, wenn sie ihn sieht.
Die Ehe mit meiner Mutter war schrecklich. So dysfunktional. Die beiden hatten sich das Leben schwer gemacht, die beiden haben durch ihre schreckliche Ehe das Leben ihrer Kinder sehr negativ beeinflusst. Meine Schwester und ich sind recht kaputt daraus hervorgegangen, mit Erinnerungen an eine unschöne Kindheit und Jungend, geprägt von Streit und fürchterlicher Familiendynamik. Das erste Mal, dass ich mich umbringen wollte, war ich 10 Jahre alt - weil ich es zuhause nicht ausgehalten hatte.
Und jetzt - kurz bevor das Leben zuende geht, nach so vielen Jahrzehnten schrecklicher Beziehung hat mein Vater plötzlich erkannt, wie schön alles sein kann, wenn man jemanden hat, der gut zu einem passt.
Er tut mir so leid, dass er das so spät im Leben erst erfährt, jetzt wo er körperlich so abgebaut hat.
Es freut mich aber ungemein, dass er wenigstens jetzt noch, sich total verknallen kann und hin und weg ist und sich total freuen kann. Er und sie sind zwei Turteltäubchen mit 88 und 85 Jahren!
Also - was ich sagen will - verharrt nicht in einer schrecklichen Beziehung, die allen Beteiligten das Leben nur schwer macht. Das Leben ist zu kurz!