Suchart Als frühere Raucherin von Davidoff Menthol finde ich es putzig und schizophren und nicht gerade stringent, den Handel mit Mentholzigaretten zu verbieten und dann Cannabis zu legalisieren. Aber lassen wir das. Es war eine Sucht, die im Widerstreit zu meinem Stolz stand.
Ich bin in der derzeitigen Situation gegen die Legalisierung von Cannabis. Dabei ist mir der Cannabiskonsum eigentlich ziemlich egal. Für mich sieht es aber danach aus, dass ein Hauptgrund für die Legalisierung ist, dass die Lage der Nation immer desolater wird und der Staat immer stärker mit der ordentlichen und vernunftgetragenen Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben überfordert ist, zu denen auch die Durchsetzung von Gesetzen gehört, und deshalb dazu überght, Dinge legal zu machen, anstatt sie zu ahnden.
Das erinnert mich an die 2014 California Proposition 47 (Criminal Sentences. Misdemeanor Penalties. Initiative Statute), derzufolge in Kalifornien Diebstähle, bei denen der Wert des Diebesguts 950 Dollar nicht übersteigt, allenfalls als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat abgehandelt werden, Praktisch bedeutet das, dass die Polizei nicht kommt wenn das Stattfinden eines solchen Diebstahls gemeldet wird, und reihenweise Läden organisiert und in großem Stil ausgeraubt werden. Es handelt sich um die Kapitulation des Bundesstaats Kalifornien vor dem Umstand, dass immer mehr Leute keine Tabus respektieren und das Verbrechen überhandnimmt und die Gefängnisse in Kalifornien überfüllt sind. Insgesamt wurden in den USA die Kulturareale, in denen im Grunde genommen fröhliche Urstände herrschen, in den letzten Jahren immer größer.
In Deutschland sind die Gefängnisse auch überfüllt und die fröhlichen Urstände mehren sich rapide - auch in der Art und Weise, wie die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben gehandhabt wird. Aber anstatt daran zu arbeiten, dass die Leute kriminellen Tendenzen nicht nachgehen, geht man hier dieses Problem inzwischen auch an, indem man eben alles entkriminalisiert und erlaubt und alle möglichen fröhlichen Urstände halt akzeptiert. Beim Cannabis mag die Gesellschaft das vielleicht verkraften. Aber insgesamt finde ich die Strategie, Verbrechen zu entkriminalisieren anstatt sie zu ahnden, eher bedenklich. Das verstehe ich nicht unter Sorgfalt bei der Wahrnahme hoheitlicher Aufgaben und der Erfüllung damit verbundener Pflichten, die gegenüber den Bürger/inne/n des Staates bestehen. Das ist ein Armutszeugnis und außerdem dekadent. Diese Dekadenz und Arroganz in der Armut ist ein Phänomen, das es in der Menschheitsgeschichte schon bei etlichen Gesellschaften gab und mit dem deren Niedergang einherging.
Was in Deutschland veranstaltet wird, empfinde ich, wenn ich hier in Berlin herumlaufe, als Schwanengesang einer Gesellschaft mit ziemlich kaputter Mentalität, in der die Leute nicht zusammenhalten, was wiederum den allgemeinen Niedergang und den Aufstieg des organisierten Verbrechens als ein Bündel an Parallelgesellschaften, innerhalb derer in gewisser Weise nach außen zusammengehalten wird, begünstigt. Ausgerechnet in der derzeitigen Lage Cannabis zu legalisieren, macht diese Legalisierung zu einem Vers dieses Schwanengesanges. Und solchen Schwanengesang mag ich überhaupt nicht. Hätte ich das Gefühl, die Dinge würden noch gut laufen anstatt niederzugehen, und die Gesellschaft wäre stabil, und die Legalisierung von Cannabis wäre in einer stabilen Gesellschaft tatsächlich ein Ausdruck von souveränem Umgang mit Bagatellen, dann hätte ich eine andere Einstellung dazu.