Ich habe eigentlich kein akutes Problem. Mehr ist es ein Gefühl, dass ich habe - praktisch seit ich mit meiner Freundin zusammen bin. Und das ist mittlerweile schon über 4 Jahre her.
Ich bin 28 und sie 22. Wir haben uns im Ski-Urlaub kennengelernt und sind kurz danach zusammen gekommen. Ich würde nicht sagen, dass es von meiner Seite aus Liebe auf den ersten Blick war. Aber irgendwie sind wir dann halt doch zusammen gekommen und ich liebe sie. Ich fühle mich wohl in ihrer Gegenwart, vertraue ihr zu 100%, möchte, dass sie glücklich ist und mir würde etwas fehlen ohne sie. Zudem haben wir einen weitgehend gemeinsamen Freundeskreis und mit ihren Eltern verstehe ich mich genauso gut wie sie mit meinen.
Alles perfekt? Naja. Da im Moment einige befreundete Pärchen zusammenziehen oder heiraten, kommen diese Gedanken momentan wieder stärker auf (im Grunde sind sie aber immer da gewesen): Wenn ich mir eine Traumfrau basteln könnte, wäre sie in beinahe jeder Hinsicht das Gegenteil meiner Freundin, insbesondere optisch. Und ab jetzt beginnt der Teil, mit dem ich bestimmt keinen Beifall aus der Frauenwelt ernten werde. Aber ich würde sehr gerne wissen, wie andere Personen (und insbesondere Frauen) darüber denken. Auch, wenn das in Beschimpfungen ausarten sollte. Ich will ehrlich sein und das wird mich vielleicht nicht beliebt machen.
Meine Freundin hat ein süßes Gesicht, hübsche braune Augen und ein bezauberndes Lächeln. Was die Figur angeht ist sie leider von der Natur nicht so sehr beschenkt worden (oder vielleicht zuviel...). Als ich sie kennenlernte, hatte sie eine lange harte Phase hinter sich, in der sie sich mit viel Sport und Hungern von sehr starkem Übergewicht auf ein Bikini-mäßig vorzeigbares Gewicht runtergekämpft hatte. Toll sah das dann leider immer noch nicht aus, da die Haut nun extrem schlaff und zudem leider stark von Cellulitis geplagt war bzw. immer noch ist.
Ist das ein Grund jemanden nicht zu lieben? Nein! dachte ich mir. Ich erwarte von mir selbstverständlich, dass ich darüber hinwegsehe und den Menschen liebe. Sollte ich sie dafür bestrafen, dass sie schon von der Natur gestraft ist? Natürlich nicht.
Mittlerweile hat sie über die Jahre hinweg wieder fast 10kg mehr drauf. Für eine kurze Zeit würde sie sicher ein wenig abnehmen können. Aber realistisch gesehen wird sich auf die Dauer nichts zum Positiven ändern. Sie ist nicht der Typ, der sich quält und dauerhaft diszipliniert lebt. Alle Versuche, das irgendwie zu ändern, sind langfristig gescheitert. Ich bin mir zu 100% sicher, dass sich am Gewicht dauerhaft nichts ändern wird. Und an der Cellulitis und der sehr schlaffen Haut sowieso nicht. Dazu kommt ja, dass ich eigentlich ja einen ganz anderen Typ Frau anziehend finde. Aber sie hat halt andere Qualitäten, die ich sehr an ihr schätze und liebe.
Naja, ich schweife ab. Es gibt Frauen, die sehen mit 40 aus wie 20. Und bei meiner Freundin ist es leider genau anders herum. Und sie wird niemals dem Bild meiner Traumfrau optisch auch nur annähernd entsprechen. Ich denk mir immer "wird schon irgendwie alles werden" - und sei's dadurch, dass ich meine Vorlieben ändere. Nun, über vier Jahre sind vergangen und es ist immer noch so: Ich bin gerne mit Ihr zusammen, wir ergänzen uns perfekt und ich möchte nicht ohne sie sein. Vor allem möchte ich, dass sie glücklich ist und könnte ihr um alles in der Welt nicht weh tun.
Aber kann ich denn immer mit jemandem zusammen sein, der (einzig) optisch überhaupt nicht meinen Vorstellungen entspricht? Ich selbst bin sehr sportlich, sehe offensichtlich auch ganz gut aus, bin allerdings sehr schüchtern.
Bei mir hat meine Freundin damals die ersten Schritte gemacht und irgendwann habe ich halt "ja" gesagt. Sehr oft schäme ich mich dafür, dass ich es nicht geschafft habe, ein Mädchen zu finden und mit ihr zusammen zu sein, neben dem ich morgens aufwache und denke "wow, ich bin 100% zufrieden. Die will ich und niemals eine andere." Drastisch ausgedrückt finde ich, dass ich in dieser Hinsicht versagt habe.
Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich anderen Mädchen (die eben meinem Ideal entsprechen) hinterherschaue - dafür schäme ich mich auch. Ich bin jetzt 28 und glaube ganz fest, dass ich in spätestens 10 Jahren eine ganz fiese Midlife-Crisis bekommen werde und mir irgendein kleines, süßes 20jähriges Schnittchen anlachen werde, weil ich dann meine, irgend etwas nachholen zu müssen. Und davor habe ich ehrlich gesagt Angst.
Kann man das nachvollziehen? Jede Art von Meinung interessiert mich. Bin ich zu oberflächlich? Wie würdet Ihr das als Frau sehen? Sie kann ja nix dafür. Wäre ja so als ob ein Mädchen mit seinem Freund Schluss machen würde, weil sie sein Ding zu klein findet... Das kann's ja eigentlich nicht sein. Aber kann man seine Wünsche und Sehnsüchte ignorieren, auch wenn sie oberflächlich sind?