Mir scheinst du...
... liebe Mayati, hier etwas ueberkruetisch zu sein... ;)
> Im zweiten testament steht weniger gewalt als vielmehr die Osterbotschaft im Vordergrund. Unser glaubensgrund ist nicht unsere Schuld, sondern Jesu Liebe zu den menschen, derentwegen er ans Kreuz ging. <
Ganz recht. Deshalb die zahlreichen Rueckblenden im Film, die Bergpredigt, das Abendmahl, Jesu Aufruf an die Juenger einander zu lieben wie er sie geliebt hat usw. usf.
> Ich denke auch, daß es Gibson weniger um das Nachempfinden des Leidenweges Jesu ging, als vielmehr darum, einfach gewalt darzustellen-wozu sonst die vielen Zeitlupen, in denen Blutstropfen durch die Gegend fliegen? <
Darueber, worum es Gibson ging, koennen wir sicher nur spekulieren, ich denke aber dass es bei einem Kunstwerk darauf gar nicht ankommt. Worum ging es Homer als er die Ilias schrieb, worum Dante in der Goettlichen Komoedie? Lass uns lieber ueber's Werk reden, nicht ueber Absichten. Okay, eine kleine Ausnahme mal: du behauptest wohl, die Motivation fuer die dargestellten Grausamkeiten sei rein kommerziell? Warum ist der Film dann in aramaeischer, hebraeischer und lateinischer Sprache gedreht? Das amerikanische Kinopublikum ist so etwas gar nicht gewohnt und haette es genausogut mit Ignoranz bestrafen koennen.
> Daß er dafür die Büblische Botschaft mißbraucht hat und auch konnte (es wird ja von vielen legitmiert), finde ich grauenhaft. <
Reine Unterstellung ohne jedes Argument!
> Innerhalb des Judentums gab es mehrere Strömungen, unter anderem auch die, die sich Jesus zugewandt hatte. Man muß sich fragen, ob es hier nicht um eine emanzipatorische Maßnahme gehandelt hat, Jesus durch die Juden (böse) sterben zu lassen, um sich selbst als besseres darzustellen? Schließlich waren zu jener Zeit auch diejenigen Juden, die ihm gefolgt sind. <
Meinst du, dass die Evangelisten emanzipatorische Absichten hatten, oder Gibson? ;) Und wie dein "Schliesslich" hier herein passt will mir gar nicht klarwerden. Natuerlich waren Jesus und die Juenger Juden, genau wie Maria, hat Gibson das etwa falsch dargestellt?
> ferner erhärtet sich der Antijudaismusvorwurf. <
Wie meinen? Gab es etwa schon vor Passion of Christ Antijudaismusvorwuerfe gegen Gibson? Und haben die sich durch den Film erhaertet? Ich kann rein gar nichts antijudaistisches im Film erkennen was nicht auch in der Bibel vorkommt. Erinnere dich an die Szene in der ein paar juedische Rechtsgelehrte das Tribunal empoert verlassen, Gibson hat sich das ausgedacht, er haette das gar nicht gemusst.
> Ferner wird aus der Bübel klar, daß es sich bei den Bösen um Juden hadelt, also unterstützt er auch dies. <
Er stellt es dar, ich kann keine Unterstuetzung erkennen. Da man sich nun einmal erzaehlt dass sich die Geschichte in Judaea zugetragen hat, sind natuerlicherweise die "Guten" wie die "Boesen" Juden oder Roemer. "Boese" oder "gute" Deutsche, Amerikaner, Christen oder Moslems einzubauen waere doch etwas seltsam gewesen, derartige Anachronismen faende ich hier durchaus unangebracht... ;)
> Seine eigene Zugehörigkeit zu einer katholischen Sekte, die die Shoa leugnet, rundet das Bild ab. <
Oh, das ist mir neu. Sollte das stimmen spricht es freilich gegen Gibson, keinesfalls aber gegen den Film. Es gibt kein Bild, das hier abzurunden waere.
> Wollte Gobson tatsächlich aufzeigen, wie grausam die Welt ist, hätte er das anders ausdrücken können. Zumal zu einer Anklag auch immer ein Ausweg, die sognannte Utopie gehört. Diese jedoch denkt er nicht. <
Typisches Strohmann-Argument. Wer sagt denn, dass Gibson ausdruecken wollte wie grausam die Welt ist? Er hat einen Film ueber die Passion Christi gedreht, das ist alles, einen Kommentar zum NT, das ist alles.
...
Mich hat der Film ausserordentlich bewegt (und ich gehoere keiner Kirche an, by the way), das erstemal, dass ich ueberhaupt eine kuenstlerische Darstellung der Frohen Botschaft verstanden habe (mag an an meiner Dummheit liegen, vielleicht).
Ich finde, dass der Film die wichtigsten Szenen der christlich-abendlaendischen Geschichte unglaublich eindrucksvoll zeigt - der Zweifel Jesu gleich am Anfang, sein Entschluss, seine Aufgabe (immerhin die Bestaetigung des neuen Bunds nach dem von nun an alle Suender allein durch echte Reue und Bitte um Vergebung erloest werden!) trotz allem zu erfuellen und auszuhalten bis zum Ende, weder Gewalt zu gebrauchen noch seine Bekenntnis zur Liebe zu widerrufen, trotz furchtbarer Folter und staendiger Verfuehrung durch den Teufel.
Und nicht zuletzt - die Unsinnigkeit jeglicher organisierter Religion, die versucht, Leute zum Glauben zu zwingen. Ich weiss schon, dass Gibson als Katholik das fern liegt, aber ich sehe mehr im Film als er hineingelegt zu haben glaubt und behaupte, dass in Passion of Christ deutlich wird, dass auch die Kirche selbst nur eine repressive weltliche Macht ist und immer war und dass Christentum und Kirche rein gar nichts gemein haben. (Kierkegaard). Gibson hat das unbewusst so dargestellt - es gibt im Film keinen einzigen Hinweis auf die Kirche, hat er wohl vergessen die Szene als Jesus Petrus die Himmelsschluessel und die Macht versprach die der Papst albernerweise heute noch fuer sich reklamiert!
Aber wieder zum Film...
Ausserordentlich die Szenen auf dem Passionsweg mit Maria ("See mother, I make all things new"), mit Simon, der sagt: "Almost done" und natuerlich Jesu Leiden meint, gleichzeitig aber ohne es zu wissen die Erloesung der gesamten Menschheit! Almost done!
Dann Jesus am Kreuz zum reuigen Suender: "On this day you shall be with me in Paradise". Die erste Seele die nach neuem Recht erloest wird, und du behauptest, Gibson wuerde Frohe Botschaft nicht deutlich darstellen??? Come on...
Dann wieder der Zweifel, als Maria mit ihm spricht und Jesus fuehlt, was er als *Mensch* verloren hat, seine Verzweiflung: "Oh my Lord why have you forsaken me?". Und dann die Gewissheit: "It is accomplished". Er hat es tatsaechlich geschafft und der Bund ist geschlossen. Die Traene Gottes, eine meisterhafte Szene.
Einzige Kritik meinerseits: Jesus wuerde wohl keine arme Schlange zertreten, noch wuerde er (der ja auch Gott ist), den verstockten Suender am Kreuz noch mit 'nem Raben quaelen - hier schimmert das AT durch - vielleicht ja angemessen, vielleicht auch nicht. Ach ja, und die Auferstehung im Fleische - ein Maerchen denke ich - haette Gibson von mir aus gern weglassen koennen, Schaden tut sie aber auch nicht.
Ich bin der Meinung wir sollten alle kuenstlerischen Mittel nutzen fuer ein Kunstwerk, vor ein paar Jahren noch waeren solche Szenen technisch gar nicht moeglich gewesen. Ich finde die dargestellte Grausamkeit angemessenes kuenstlerisches Mittel fuer diesen *christlichen* Film.
Das war lang und auf lange das letzte... ;) Viele Gedanken sind nicht von mir (dafuer alle Fehler), hiermit eine kleine anonyme Danksagung an ... ;)
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