Weiter gedacht
Nachdem ich meine Gedanken in meinem vorigen Kommentar mal aus meinem Kopf bekommen habe, konnte ich tatsächlich mal ein wenig weiter drüber nachdenken. Und damit auch einen Bogen zu ... einem anderen Themenkomplex spannen.
Angenommen die als 'weiblich' bezeichnete Mode zeichnet sich durch Betonung der Sexualität aus oder dient zumindest der Präsentation des weiblichen Körpers (ich kann nicht anders, aber irgendwie kommt mir das Bild eines Viehmarktes dabei in den Sinn), dann muß das Tragen entsprechender Kleidungsstücke als 'Angebot' aufgefaßt werden: "Sieh her, ich bin potentielle Beute!"
Themenschwenk zu "Mann in Frauensachen":
1. Frauen, die in ihrer Sexualität gefangen sind, müssen einen Mann in Frauensachen als Konkurrenz oder als Parodie ihrerselbst auffassen.
2. Andere Männer müssen sich verhöhnt vorkommen, da sich ihnen ein Mann anbietet.
3. Männer in Frauensachen empfinden durchaus unterbewußt ähnlich wie ihre Geschlechtsgenossen aus Punkt 2, daß sie sich damit körperlich anderen Männern präsentieren, woraus die Angst und Verunsicherung herrührt, sich darin öffentlich zu präsentieren -- zumindest solange der Frauensachenträger weiterhin deutlich als Mann in Frauensachen zu erkennen ist. Bei einer kompletten Verkleidung mag die Hemmung sinken. Diese Männer fürchten einerseits die Aggression ihrer Geschlechtsgenossen aufgrund des 'Vorspielens falscher Tatsachen', andererseits wollen sie sich ja eben nicht Männern anbieten, da sie ja heterosexuell sind.
Ergänzend zu Punkt 3: Schwule Männer haben mit Frauensachen ganz andere Probleme und gehen mit dem Problem der körperlichen Präsentation anders um. Da sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bereits genügend gesellschaftliche Ächtung zu befürchten haben, halten sie sich von offensichtlichen Frauensachen fern und verfeinern stattdessen wenn überhaupt die Möglichkeiten, die sich ihnen als Mann bieten (Körperpflege, figurbetonte Kleidung, dezenter Schmuck). Im Rahmen der Männermode nutzen sie auch bereitwilliger das Angebot an Mustern und Farben (so zumindest meine Beobachtungen).
Wie auch immer: Die abendländische Kultur ist aufgrund ihrer christlich-kirchlichen Prägung eher sexualfeindlich eingestellt. Naja, gut, ob's in anderen Kulturen besser ausschaut? -- ich weiß nicht. Wir lernen aber einfach nicht oder erst viel zu spät wenn überhaupt, wie mit Sexualität oder mit Körperlichkeiten (in Ermangelung eines besseren Wortes) umzugehen ist, Männer weniger als Frauen (s. dazu auch den Thread "Männer und körperliche Nähe - immer noch ein Tabu?" von t4u in Forum->Gesellschaft->Mix ).
Im aktuellen SPIEGEL 2/09 vom 5.1.09 (Titel: "Obamas bester Mann [...]") findet man auf Seite 64 einen Absatz, den ich exemplarisch zitieren möchte: "[...] Oft trösteten sich die Mädchen gegenseitig, wenn sie Heimweh hatten oder ihr Boss sie ausgeschimpft hatte, weil sie nicht flink genug arbeiteten. Dann schmiegten sie sich nachts aneinander -- so wie Xiaoju es von zu Hause gewohnt ist, mir ihren Geschwistern in dem gemeinsamen Bett." Können wir uns vorstellen, diesen Absatz statt mit Mädchen mit Jungens zu lesen (zur Info: Besagte Mädels sind so 17 Jahre)? Eher nicht, auch wenn es vielleicht sogar vorkommen mag, aber wer immer sowas beobachtet, mitbekommt oder drüber schreibt, wird wohl Probleme haben, keine sexuellen Unterstellungen vorzunehmen. Denn Jungens sind hart! Sie kämpfen! Sie lassen sich nicht unterkriegen, daß sie sich kümmerlich aneinanderschmiegen müssen, um Trost zu finden! -- das machen nur Mädchen.
Na huch! Jetzt habe ich sogar schon einen zweiten Themenkomplex angeschnitten. Schauen wir mal, ob ich den Bogen zurückspannen kann. Im Zuge der Gleichberechtigung, der Emanzipation der Frau und der Anerkennung der neuen Rechte der jetzigen Frauengeneration durch die jetzige Generation an Männern, wird den Frauen auch das Privileg aberkannt, sich verletzlich geben zu dürfen, als hilfs- und schutzbedürftiges Wesen auftreten zu dürfen, was durch die sogenannte 'weibliche' oder 'feminine' Kleidung unterstützt wird. Von so manchem Mann wird verlangt, daß Frau genauso hart, genauso 'tough' zu sein hat, wie Männer es schon heute sein müssen. Diese Männer wollen nicht nur eine gleichberechtigte Partner, sie wollen eine Partnerin auf Augenhöhe, kein albernes, verspieltes und verweichlichtes Ding (hart und überspitzt ausgedrückt).
Au Mann! Ist das gut! Ich sollte mir den Text abspeichern, ausdrucken und einrahmen. ;-)
LG
Madinside