rebeka_12707654Drüber reden
Liebe RickyIce,
nach dem Beitrag von Utemi und nochmaligen Durchlesens meines Postings möchte ich sagen, daß ich wohl etwas barsch war, Dich aber wirklich nicht vor den Kopf stoßen wollte. Es gibt leider so viele Fakes im Internet und bei Deinem Posting war ich mir nicht sicher, ob das wirklich ernst gemeint war. Sorry, ich wollte nicht so hart zu Dir sein!!
Zu Deinem Problem: Der Beitrag von utemi ist zwar sehr nett und eine Möglichkeit. Ich sehe das, so wie Du Dich beschreibst aber ein bißchen anders.
1. Emotionen
Du sagst, Dir ist nach Weinen zumute und Du unterdrückst das. Weinen kann etwas lösendes haben. Depression entsteht nämlich oft genau dadurch, daß man Wut, Enttäuschung, Trauer verschleppt anstatt sie zu verarbeiten. Wenn genügend zusammen gekommen ist, setzt sich das fest und man kommt in einen dauerhaft gedrückten Zustand. Deshalb weine lieber, wenn Dir danach zumute ist. Irgendwann hörst Du auch wieder auf. Es ist auch nicht kindisch zu weinen, Erwachsene weinen auch. Ich bin 34 Jahre alt und wenn mich etwas traurig macht, dann weine ich.
Oft steckt aber auch was anderes dahinter, z.B. Wut, die nicht ausgedrückt wurde. Ich weiß nicht, was es bei Dir ist und ich denke, daß Deine Ziellosigkeit mit diesen unterdrückten Gefühlen zusammenhängt und eher Wirkung als Ursache ist.
Jedenfalls ist es wichtig, Emotionen auszuleben, die guten wie die schlechten. Denn gerade bei Depressionen verliert man zunehmend den Bezug zu den eigenen Gefühlen, so daß es wichtig ist, daß man darüber Klarheit gewinnt und so nach und nach an den Ursprung des ganzen gelangt. Ich glaube, daß Dich etwas schon längere Zeit bedrückt, Du es aber verdrängt hast oder Dich zumindest nicht wirklich damit auseinander gesetzt hast, vielleicht weil es zu schmerzlich war?
Ich könnte mir vorstellen, daß es mit Deinen Eltern zu tun hat, Du Dich von ihnen nicht richtig lösen kannst o.ä. Daher könnte das Unsicherheitsgefühl (=Erwachsenwerden) und die Trauer herrühren. Die Unklarheit über die eigene Person tritt oft dann zutage, wenn man nicht mehr das "Kind der Eltern" ist, sondern auf eigenen Beinen stehen soll, obwohl man das nie vorher gelernt hat. Das erzeugt dann Unsicherheit und gibt ein Gefühl von "verlängerter Pubertät".
So ähnlich war es jedenfalls bei mir. Ich will aber nicht alles hier öffentlich preisgeben und wenn Du magst können wir uns gerne per email austauschen, denn ich habe den Eindruck, daß es Dir ziemlich ähnlich geht wie mir als ich in Deinem Alter (und teilweise noch älter) war. Z.B. die Sache mit dem nicht wissen, was man machen will, sich lebensunfähig zu fühlen und nicht zu leben, stattdessen gerade so zu existieren, im Alltag/Job aber zu funktionieren, etc.
Jedenfalls kenne ich das Gefühl, "nicht mehr zu leben und nur noch zu existieren" aus eigener Erfahrung. Ich weiß es ist beschissen. Das trägst Du auch nach außen und Deine "Gefühlskälte" ist in Wirklichkeit nichts anderes, als der Versuch, nicht verletzlich zu sein. Dadurch schneidet man sich aber meist auch viel Freude ab.
Es ist leider so, daß das Leben erst dadurch sich lebendig anfühlt, wenn man das ganze Spektrum guter und schlechter Emotionen durchlebt. Du steckst gerade irgendwo drin und vermeidest wahrscheinlich "größere" Gefühle. Das ist wahrscheinlich, was Dir den Bezug zum wirklichen Leben vorenthält.
Jedenfalls könnte ich mir vorstellen, daß Deine "Gefühlskälte" eng damit zusammenhängt, daß Du keine wirklichen Emotionen nach außen mehr zuläßt. Vielleicht aus Angst wieder verletzt zu werden? Aber Emotionen haben wir alle, und jeder hat das Recht dazu, sie auszuleben. Klar trifft man damit nicht immer auf jedermanns Zustimmung und eckt auch mal an. Aber das ist normal. Wichtig ist, daß Du Dich jetzt mal richtig um Dich kümmerst und für Dich gut sorgst. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber im Folgenden stehen noch einige Tips, die bestimmt nicht die schlechtesten sind.
2. Müdigkeit
Müdigkeit und Antriebslosigkeit kann man sehr gut mit Sport begegnen.
Treibst Du denn regelmäßig Sport? Wenn nicht, würde ich Dir das unbedingt raten. Ideal wäre z.B. joggen oder inline-skaten, falls Du das gerne machst. Sport an sich hat viele gute Wirkungen: Zum einen bist Du aktiv und siehst mal wieder etwas anderes als die eigenen 4 Wände und zum anderen werden in Deinem Körper wieder - die bei Depressiven meist zu wenig vorhandenen Glückshormone - hergestellt. Wenn Du regelmäßig Sport machst, wirkt sich das auf den ganzen Organismus positiv aus, und Deine Müdigkeit wird auch nachlassen. Natürlich geschieht das nicht sofort, aber schon nach ein paar Wochen regelmäßiger körperlicher Betätigung (mind. 2 mal die Woche) wirst Du merken, daß es Dir besser geht.
3. Psychologen
Das Internet kann Dir ein bißchen Unterstützung geben, indem Du Dich mit anderen austauschen bzw. deren Postings verfolgen kannst. Das gibt Dir schon mal das Gefühl, nicht die einzige zu sein, der es so geht. Und glaub mir, es gibt viele Leute mit Depressionen und ich denke schon, daß Du sowas hast, wahrscheinlich aber zum Glück noch nicht in ganz übler Form. Deshalb ist es wichtig, daß Du Dir baldmöglichst professionelle Hilfe suchst, damit Du nicht weiter abrutschst. Zu einem Psychologen zu gehen und/oder Depressionen zu haben ist nichts, weswegen man sich schämen sollte. Depression ist eine Gemütskrankheit und hat auch nichts mit Verrücktsein zu tun. Also trau Dich und laß Dir helfen. Und sag ruhig konkret, was los ist, damit es Dir nicht wieder so geht wie bei dem Schulpsychologen. Schade, daß der nicht näher nachgefragt hat. Aber leider gibt es viele schlechte Psychologen und Therapeuten. Die meisten Depressiven können ein Lied davon singen und haben meistens mehrer Psychologen/ Therapeuten hinter sich.
4. Zukunft
Daß Du in Deinem Alter noch nicht so recht weißt, wohin Du willst und was aus Dir wird, ist aber nicht gerade ungewöhnlich. Wenn ich von mir ausgehe, dann hatte ich das auch und weiß bis jetzt noch nicht so recht, ob es richtig war, was ich gemacht habe und ob ich mit meinem Beruf zufrieden sein werde. Es wird sich aber finden, bei Dir und bei mir. Wichtig ist, daß man sich nicht nur mit der Vergangenheit oder wie in Deinem Fall mit der Zukunft beschäftigt, sondern versucht, im Hier und Jetzt zu leben. Das hat utemi schon recht gut dargestellt, indem Du Dir die Dinge, die um Dich herum geschehen, wieder mehr bewußt machst und versuchst, Dich an Kleinigkeiten zu freuen. Möglicherweise wird Dir das nicht sofort gelingen, und ich denke, das alleine reicht letztlich nicht, um Dir rauszuhelfen, wo Du gerade drin steckst. Es ist auch gut, sich zwischendurch mal abzulenken, aber letztendlich mußt Du Dich mit Deinem Problem auseinandersetzen, denn Probleme verschwinden durch Ablenkung nicht.
Was ich Dir raten würde: Schreib mal Tagebuch über Deine Gefühle, vielleicht kommst Du dann der Sache ein bißchen auf die Spur.
5. Sozialkontakte
Daß Du Dich verkriechst ist in jedem Fall nicht gut für Dich und fördert Deinen schlechten Zustand. Versuche mal wieder Dinge zu tun, die Dir früher Freude gemacht haben und gönne sie Dir ganz bewußt. Geh unter Leute und unternimm schöne Dinge mit Deinen Freunden.
Wichtig ist in jedem Fall, daß Du aktiv wirst, also Sport treibst, schöne Dinge machst und daß Du mal einen Psychologen aufsuchst, der Dir besser helfen kann, als die Leute im Internet, mich eingeschlossen. Schau Dir den Menschen aber genau an. Wenn er Dir nicht sympathisch ist oder Du irgendwie keinen Draht zu ihm findest, geh zum nächsten, denn es geht um D e i n e Gesundheit und darum, daß Du nicht so viel Zeit verlierst.
So, jetzt habe ich versucht, Dir ein paar wesentliche Tips an die Hand zu geben und hoffe, daß Du damit etwas anfangen kannst. Und um Deine Frage zu beantworten: Ja ich glaube, Du hast eine (leichte?) Depression, aber ich bin kein Arzt oder Therapeut und kann nur auf meinen eigenen Erfahrungshorizont zurückgreifen. Am besten Du schaffst Klarheit, indem Du Dich mal einem Nervenarzt anvertraust und/oder zu einem Psychotherapeuten gehst. Man kann ca. 5 Gespräche bei einem Therapeuten nehmen, ohne daß man sofort eine komplette Therapie machen muß. Dabei läßt sich sicher feststellen, ob der zu Dir paßt und Dir das etwas bringt. Außerdem bekommst Du Feedback aus professioneller Hand. Und wie gesagt, wenn der nicht taugt, geh zum nächsten.
Jedenfalls muß man Depressionen ernst nehmen und nicht so abtun oder ignorieren, wie das Dein Schulpsychologe getan hat. Denn meist steckt mehr dahinter und es ist komplexer, als daß man es mal kurz darstellt und mal kurz löst.
Wenn Du mir außerhalb des Forum schreiben möchtest, darfst Du das gerne tun. Hier ist meine Adresse:
2iris@gmx.de
Ich bin wie utemi daran interessiert, wie es bei Dir weitergeht, Du kannst Dich auch hier wieder melden, ganz wie Du magst.
Viele liebe Grüße
Snowy (Iris)