Hallo und guten Tag,
ich bin 41 Jahre alt, seit fast 10 Jahren verheiratet, 1 Tochter (8 Jahre). Mit 18 Jahren habe ich meine erste Freundin kennen gelernt (von einer Schulliebe abgesehen), die auch gleich "die Liebe meines Lebens" war. Typischer Einstieg, ich habe mich sofort in sie verliebt als ich sie das erste Mal auf einem Fest gesehen habe (wir kannten uns nicht) und habe es Montate lang nicht fertig gebracht, sie auch nur einmal anzusprechen. Sie ging jedes Wochenende in dieselbe Disco wie ich, ich habe nie ein Wort rausbekommen sondern sie immer nur angeguckt und innerlich geliebt.
Bis es meinen Freunden auf einer Geburtstagsfeier auf der wir beide anwesend waren zu bunt geworden ist und dafür gesorgt haben, dass sie und ich uns plötzlich alleine vorm Haus getroffen haben. Ich konnte nicht die Flucht ins Haus antreten, da meine Kumpel die Tür von innen verriegelt hatten. Somit war ich gezwungen, ein Gespräch zu beginnen. Der Rest war dann Geschichte, wir kamen zusammen (ich 18, sie 17) und haben eine sehr schöne Beziehung geführt und uns schließlich auch verlobt. Im Bekannten- und Verwandtenkreis zerbrachen Beziehungen, wir blieben zusammen. Jeder kannte uns zusammen, jeder beneidete uns um die Beständigkeit. Erste eigene Wohnung, verlobt, Hochzeit geplant.
Im neunten Jahr unserer Beziehung kamen mir immer häufiger Zweifel bzw. Gefühle, die sich wie folgt äußerten: Ich fand sie nicht mehr so attraktiv, ihren Körper nicht mehr so toll, die sexuellen Praktiken bieder und nicht so, wie ich sie mir wünschte. Weiterhin sehnte ich mich mit zunehmender Dauer nach einem intelligenteren Partner, mit dem ich tiefgreifender sprechen und diskutieren konnte. Meine damalige Verlobte konnte im Grunde nicht so gut schreiben, ganz zu schweigen von Computer, E-Mail., usw. Parallel lernte ich bei meinem damaligen Arbeitgeber meine jetzige Frau kennen, in die ich mich verliebte und die mir all das bot, was ich vermißte.
Wenige Wochen, nachdem wir einen Hochzeitstermin festgelegt und die Band bestellt hatten, beendete ich die Beziehung. Dieser Akt, den Mut zu haben, dies anzusprechen, das habe ich Wochen- und Monate mit mir rumgeschleppt, in denen ich mich mit meiner "neuen Liebe" schon am Arbeitsort getroffen habe. Meine Verlobte fiel aus allen Wolken, wie auch meine Eltern, ihre Familie und alle um uns herum. Ich habe zwar einige Tage mit ihr und meinen Eltern diskutiert, wir haben die Beziehung aber irgendwie nicht befriedigend abgeschlossen. Ich war sehr davon überzeugt, dieses neuen Weg zu gehen. Ich sehe noch heute das letzte Bild meiner Verlobten vor mir, wie ich sie bei Ihren Eltern abgesetzt habe (sie weinend) und ich dann weggefahren bin. Wir haben jahrelang nicht gesprochen und bis heute keinen Kontakt, außer zufälligem Treffen. Wir wohnen beide in derselben Stadt, sie hat zwar einige Beziehungen gehabt, jedoch keinen festen Freund, keine Kinder, nichts, wohnt alleine. Sie hat noch Kontakt zu meinen Eltern und war/ist immer ein Bestandteil meines Lebens geblieben (wabernd im Hintergrund). Wir haben uns aber niemals wieder nach der Trennung richtig ausge- oder besprochen.
Ich bin dann unmittelbar in meine Arbeitsort-Stadt (nicht weit weg) und zu meiner "neuen Liebe" gezogen. Mit dieser zog ich nach einigen Jahren wieder in meine Heimatstadt zurück, wo meine ehemalige Verlobte, wie gesagt, auch lebt. Auch wir verlobten uns, alles war toll, vor 10 Jahren geheiratet, vor 8 Jahren Geburt unserer Tochter, Haus gekauft.
In Therapie befinde ich mich, weil ich ein ausgeprägtes Sauberkeits- und Ordnungsverständnis habe und dieses von meiner Frau nicht so "umgesetzt wird", wie ich es mir wünsche. Die Probleme gibt es seit Jahren, jetzt endlich habe ich mich zu einer Therapie entschlossen. Innerhalb dieser ganzen Problematik, und seit Jahren habe ich mich immer wieder bei dem Gedanken ertappt, dass ich all diese Probs bei meiner damaligen "großen Liebe" nicht hätte. Da war alles sauber(rer), besser, schöner, richtiger. Hier vermag ich aber nicht zu unterscheiden, ob das tatsächlich der Fall wäre oder ob ich mir das nur einrede. Tatsache ist, dass ich ein unbändiges Bedürfnis habe mit meiner Ex-Freundin zu sprechen. Über ihr Leben, über meins. Ich fühle mich zu ihr hingezogen, seit Jahren. Ich spüre auch nach wie vor Liebe (ich denke oft fieserweise, dass ich meine damalige Freundin "liebe", meine Frau jedoch "lieb habe").
Meine Vermutung ist inzwischen - soweit sind wir in der Therapie noch längst nicht - dass ich die damalige Beziehung nie befriedigend abgeschlossen habe. Ich habe allerdings auch ein Bedürfnis wieder dauerhaft mit meiner damaligen Freundin zusammen zu sein. Nur, wer sagt mir, dass nicht all die Trennungs-Gründe plötzlich wieder da sind? Auch frage ich mich, wie ich es hinbekommen habe 15 Jahre nach Beendigung der damaligen Beziehung herumzubekommen (mit Heirat und Geburt und Hauskauf), trotz zwischenzeitlich immer wieder häufigen Gedanken an meine Ex. Ist der Leidensdruck erst jetzt so hoch, dass ich nicht mehr kann und die Sauberkeits-Kritik an meiner jetzigen Frau nur das Outcoming der erwähnten Probleme? Kann es sein, dass ich mir nachträglich von der "Liebe meines Lebens" die Genehmigung, die Absolution für meine Ehe abholen möchte? Oder muss ich schlicht anerkennen, dass die Liebe zu meiner ersten Beziehung einfach zu stark ist und ich mit 41 mein Leben nochmal umkrempele - zurückkrempele? Meine Tochter täte mir unendlich leid.
Genau so, wie ich es damals mit 18 nicht schaffte und mich nicht getraut habe, meine (nun Ex-) Freundin anzusprechen, schaffe ich es jetzt mit 41 nicht, zum Hörer zu greifen um sie mal um ein Treffen zu bitten. Problem heute wäre, dass ich meine Frau informieren sollte oder aber es heimlich machen müsste. Vielleicht möchte meine damalige Liebe sich ja auch gar nicht treffen oder aber erst recht nicht wieder mit mir zusammenkommen. Obwohl ich manchmal das Gefühl habe, dass das Schicksal dafür gesorgt hat, dass sie mit 40 Jahren nicht verheiratet ist und keine Beziehung hat, weil sie unbewußt auf mich wartet.
Vielleicht würde ein ausführliches Gespräch schon Klarheit bringen und entweder für inneren Frieden sorgen - oder meine Liebe verstärken.
Grüße
YNurse