lisa_sophie
Hallo, lisa_sophie!
lisa_sophie Fetische werden über den Menschen gestellt.
Fetischismus hin oder her kann man sich immer fragen, was jemand in Zusammenhang mit Sex mag. Ob sie/er die/den Sexpartner/in mag, oder die Situation, Sex zu haben, oder beides.
Bei deinem Statement kommt es darauf an, was man mit "über den Menschen gestellt" meint.
Und es ist die Frage, ob Fetischismus von der Begriffsklarlegung her immer damit einhergeht, die Fetischobjekte über den Menschen zu stellen.
Was zu der Frage führt, was genau unter dem Begriff "Fetischismus" zu verstehen ist.
Die Weltgesundheitsorganisation gibt zB immer mal wieder eine neue Revision ihrer International Classification of Diseases (ICD) heraus.
In diesen ICD werden zwei Dinge getan:
- Es werden Begriffe erklärt/klargelegt, sodass man weiß, was sie bedeuten.
- Es wird erklärt, unter welchen weiteren Voraussetzungen das Erklärte als Krankheit zu sehen ist und wie es in diesem Fall im ICD-System, welches Krankheiten kategorisiert, eingeordnet ist.
Ersteres, also die Erklärungen, was ein Begriff überhaupt bedeutet, finde ich recht nützlich.
Zweiteres, also die Klassifizierung als Krankheit, geniesse ich mitunter, gerade wenn es eher um die Psyche geht, mit Vorsicht. Auch deshalb, weil der Umstand bzw. die Zuschreibung, eine Krankheit zu haben, oft als Begründung dafür hergenommen wird, Betroffene zu stigmatisieren und abzuwerten und ihnen die Fähigkeit, Dinge mit Vernunft zu betrachten, in einer Weise abzusprechen, die ins Generelle geht. So in Richtung dieses verächtlichen "Das ist ja krank!"/"Der ist ja krank!" Was wiederum den betreffenden Leuten Seelennot in krankmachendem Ausmaß bescheren kann, wobei dann im Rahmen des Stigmatisierens gerne übersehen wird, wie diese Seelennot zustandekommt bzw. wer dafür die Verantwortung trägt.
Die ICD-11 wurde im Mai 2019 von der World Health Assembly 72 verabschiedet und trat am 01. Januar 2022 in Kraft.
In Deutschland gibt es daneben noch seit dem 1. Januar 2024 die ICD-10-GM in der Version 2024.
In der ICD-10-GM 2024 wird Fetischismus, wie in den früheren ICD-Releases, als Krankheit geführt, als eine Störung der Sexualpräferenz.
In der ICD-11 ist Fetischismus nicht in den Katalog der sogenannten "paraphilen Störungen" aufgenommen.
In der Frage, ob Fetischismus eine Krankheit ist, scheiden sich die Geister auch in der Fachwelt.
Nichts desto trotz liefert ICD-10-GM 2024 unter F 65.0 eine Klarlegung, was man unter Fetischismus versteht:
Fetischismus: Gebrauch toter Objekte als Stimuli für die sexuelle Erregung und Befriedigung. Viele Fetische stellen eine Erweiterung des menschlichen Körpers dar, z.B. Kleidungsstücke oder Schuhwerk. Andere gebräuchliche Beispiele sind Gegenstände aus Gummi, Plastik oder Leder. Die Fetischobjekte haben individuell wechselnde Bedeutung. In einigen Fällen dienen sie lediglich der Verstärkung der auf üblichem Wege erreichten sexuellen Erregung (z.B. wenn der Partner ein bestimmtes Kleidungsstück tragen soll).
Dieser Klarlegung kann ich nicht entnehmen, dass Fetischismus immer damit einhergehe, die Fetischobjekte über den Menschen zu stellen.
Mal weg vom Fetischismus aber analog - beim Fetischismus geht es um sexuelle Lust, beim Folgenden um eine andere Art von Wohlgefühl: Wenn zum Beispiel ein Kind dann besonders gerne mit seiner Mutter kuschelt, wenn diese ein bestimmtes besonders weiches Kleidungsstück trägt, dann heißt das nicht, dass das Kind das besagte Kleidungsstück über die Mutter stellen würde geschweige denn wahllos gerne mit jeder Person kuscheln würde, die so ein Kleidungsstück trägt.
Mit freundlichem Gruß
Cattleya