In zwölf Jahren, wenn 4m sechzehn ist, ist die Idee toll. Aber in einem Weihnachtsfrauenkostüm mit kurzem Röckchen und Büstenhebe. Als Rute eine dieser neunschwänzigen Gladiatorenpeitschen...
Als ich im Kindergartenalter war, hat die Nachbarin bei uns Weihnachtsmann gespielt. Ich fand es extrem albern, wie sie versuchte, ihr Stimmchen tiefer zu halten. Das Zerrbild war dadurch nur nochmehr verzerrt. Ich hatte das Gefühl, statt mit etwas echtem, richtig gemachtem, mit einem Fake abgespeist und so verarscht und für blöd verkauft zu werden. Das und andere entsprechende Verarschungstouren haben mich nicht darin bestärkt, meine Eltern vertrauenswürdig zu finden. Statt uns dieses Zerrbild vorzusetzen und zu verlangen, dass wir so tun als würden wir es abkaufen, hätte ich es ehrlicher gefunden wenn sie einfach gesagt hätten, dass die Sozialkompetenz nicht für einen anständigen Weihnachtsmann reicht, und dass es deshalb nichts bzw die Weihnachtsgeschenke ohne Weihnachtsmann gibt.
Das ganze Weihnachtszeit-Eiapopeia-Szenario war unehrlich und diese Unehrlichkeit hat mich gelehrt, die ganze Weihnachtszeit skeptisch zu sehen. Dann dieses unsägliche Wunschzettelschreiben. Nur, um den Frust bei allen zu vergrößern - bei den einen, weil Gier und Egoismus geweckt waren, sie dann aber nicht alles kriegten, was sie in ihrer Maßlosigkeit aufgelistet hatten - zB das Pony und das Segelboot, bei den anderen, weil sie mit Wünschen konfrontiert waren, die sie nicht erfüllen konnten. Und wenn ich ehrlicherweise sagte, ich hab doch eh schon alles was ich brauche, und mir fällt nix dringendes ein, was ich für mich draufschreiben sollte, hieß es, ich sei eine Miesmacherin. Damit sie Ruhe geben, hab ich dann Sachen auf den Zettel geschrieben, obwohl ich das eigentlich überflüssig fand.
Der einzige, der an Weihnachten ehrlich zu mir war, war mein Opa. Dem hat es auch gestunken, wie der Geist von Weihnachten in Richtung Dekadenz verzerrt wurde. Er hat mir erzählt, wie für ihn Weihnachten im Krieg und in der Kriegsgefangenschaft ausfiel, und wie arm man in anderen Weltgegenden dran ist. Und wie Weihnachten in seiner Kindheit ausgefallen ist. Highlight war, dass sie zu viert eine Orange geschenkt gekriegt hatten - um noch lange dran riechen zu können, hat er die Schale in dem Holzkasten aufbewahrt, in dem er die Griffel für die Schiefertafel hatte, die er für die Volksschule brauchte.
Außerdem hat er immer seine Werkstatt aufgemacht und Bierbänke und Tische und Stühle hingestellt und Gulaschsuppe und Glühwein gemacht, und dann war immer gerammelt voll mit Leuten, die sonst niemanden hatten, Obdachlose, vereinsamte ältere Leute, ...
Meine Eltern haben immer gemeint, es wäre nichts für mich, Weihnachten zu meinem Opa zu gehen und seine Art, damit umzugehen, lieber zu mögen als ihr Eiapopeia-Gedöns. Er hat auch ab und zu gesagt, dass manche von den braven Kirchgängern, die immer ihre fünf Mark in den Opferstock tun, dereinst wohl in Verlegenheit geraten werden, wenn sie vor dem Schöpfer stehen, und der sie fragt, wieviele Obdachlose sie in ihrem Leben denn von der Straße geholt haben...
Eigentlich ist es egal, wer den Weihnachtsmann spielt, denn in dem Alter sind die Gschrappen nicht auf den Kopf gefallen und erkennen eh die Person, die im Kostüm steckt. Und wissen, dass sie den Erwachsenen zuliebe mitspielen sollen und dafür was geschenkt kriegen.
Die Gleichberechtigung der Kids geht übrigens nicht dadurch flöten, dass ihnen Männer, z.B. Weihnsachtsmänner, mit echten naturgewachsenen Eiern in der Hose, begegnen. Die geht flöten wenn die Weihnachtsfrau dem 4m Begegnungen mit dem männlichen Geschlecht mit Gleichberechtigungsgebrabbel miesmacht und ihm schon als Kleinkind einbläut, dass er als männliches Wesen ein Böser ist, der Frauen unterdrückt und sich deshalb bis zur Selbstaufgabe von Frauen verarschen zu lassen hat.
Und du kannst jetzt natürlich wieder Agressivität statt begründeter Ablehnung vorwerfen und damit zeigen, wie verzerrt deine Wahrnehmung der Dinge ist.