Guten Morgen,
du brauchst dich für nichts entschuldigen. Du hast ein Recht auf Ruhe und darfst sagen, wenn dir etwas zuviel wird. Es ist auch nicht deine Aufgabe ihr Leben zu verändern. Dies darf sie selbst tun.
Es gibt Menschen, die äußerst gerne über die Grenzen anderer Menschen latschen. Das passiert in deinem Fall gerade. Es trifft leider viele Menschen in helfenden Berufen. Von daher ist es enorm wichtig an seiner eigenen emotionalen Stabilität zu arbeiten und auch an der Wahrung seiner persönlichen Grenzen.
Du stellst dir jetzt bitte einmal vor, wie du mit einem Zirkel zwei Kreise zeichnest. Wenn du einen Zirkel zu Hause hast kannst du es auch umsetzen. Zeichne die Kreise so, dass sie ineinander liegen, also eine Schnittmenge entsteht. Jeder Kreis steht für eine Person, dein Gegenüber und du. Die Schnittmenge ist der Ausgangspunkt für ein Zusammentreffen, in der Interaktion stattfindet. Das kann Kommonikation sein oder auch nur zuhören, oder Hilfe bzw. Unterstützung. Du öffnest die Tür, bzw. betrittst den Raum. Ab diesem Moment richtest du deine ganze Aufmerksamkeit auf die andere Person. Nach einer von dir festgelegten Zeit, und das ist wichtig, verlässt du den Raum und gehst zurück in deinen Kreis.
Mit diesem Model könntest du auf der Arbeit üben. Tür auf, Tür zu.
Um dich herum scheint die Grenze zu durchlässig zu sein. Das heißt, die Menschen, die deine Grenze überschreiten dürfen in deinem persönlichen Bereich wüten und sich verhalten, wie sie wollen. Auf emotionaler Ebene merkst du das an einer tiefen Erschöpfbarkeit, an deinen Gefühlen und an deinen Gedanken. Zur Wahrung deiner Grenze gehört allerdings, dir selbst sehr bewusst zu sein. Das ist etwas, woran du arbeiten kannst. Z.B. Was macht die Situation mit mir? Was fühle ich, wie geht es mir damit? Je bewusster du bist, umso leichter fällt dir die Einschätzung, wo deine Grenze liegt.
Deine Bekannte möchte derzeit keine Hilfe. Sie zieht ihre Kraft aus deiner Energie. Für dich wäre es wichtig, ihr deutlich zu sagen, dass sie deine Grenzen überschreitet. Da man niemanden verletzen möchte, könntest du ihr sagen "ich bin gerne bereit dir zuzuhören, für eine Stunde." Normalerweise erklärt sich dein Bedarf nach Ruhe von selbst. Menschen, die nur sich selbst wahrnehmen können müssen das eventuell deutlich gesagt bekommen.
Ganz wichtig, gib ihr keine Ratschläge mehr. Helfen bedeutet auch an die Eigenverantwortung appelieren. In deinem Job geht es auch darum. Nicht jedem alles abzunehmen, sondern Ressourcen entdecken und fördern. Selbst aktiv werden lassen. Es ist ungleich schwerer in Menschen ein Bewusstsein zu erwecken, das kann ich selber.
Bei diagnostizierter Depression und Angststörung gehört deine Bekannte in therapeutische Behandlung! Wenn diese Phasen aufgrund einer Trauerreaktion entstanden sind haben sie möglicherweise nicht den Krankheitswert, wie man es annehmen könnte. Es könnte sich um eine mangelnde Bewältigung des Verlustes handeln. Auch dies ließe sich therapeutisch angehen. Ihr fehlen einfach Bewältigungsstrategien, um mit einem für sie schweren Verlust fertig zu werden. Du bist aus dieser Nummer raus.
LG Sis