Es war Anfang der Neunziger, da trafen wir uns vor allem in der warem Jahreszeit regelmäßig bei meinem damals besten Freund auf dem Hof zum Grillen und quatschen. Wie es damals (noch) üblich war, war nicht nur die nahezu komplette Hausgemeinschaft dabei, sondern auch natürlich die Kinder und aber auch viele Freunde. Für mich als Single, der damals sehr neu war in der Stadt eine willkommene Abwechslung. Meist gab es Kaffee und Kuchen, später Gegrilltes, auch mal ein Bier oder eine Flasche Wein. Die Kinder tobten, und ab und an tobten wir mit ihnen, die üblichen Spiele halt, bissel bebbeln, Frisbee usw.
Und da war die eine Frau aus dem Erdgeschoss, die immer mit ihrer Tochter allein rauskam, den Mann von ihr hatte kaum mal jemand zu Gesicht bekommen. Die Tochter von ihr (damals knapp 9 Jahre alt) hatte an mir bissel einen Narren gefressen, da ich mit ihr rumtoben konnte, wie es ihr Vater niemals tun würde. Warum, erfuhr ich erst später.
Nun, der Sommer war rum, die folgende kalte Jahreszeit auch endlich, da traf ich diese Nachbarin durch Zufall auf der Straße, und sofort kam von ihr die Frage, ob ich denn nicht mal wieder Zeit hätte, ihre Tochter hatte schon zig mal nach mir gefragt, sie würde mich vermissen.
Bei einer Tasse Kaffee erfuhr ich dann, dass ihr Mann mit Krebs inzwischen in der Klinik liegt, noch mehrere OP's vor sich hatte und trotzdem keiner weiß, ob er den Krebs besiegen würde.
Wir beschlossen, das Wochenende drauf zu einem See weit außerhalb der Stadt zu fahren. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt niemals die Absicht, mit ihr ein Verhältnis zu beginnen, da sie verheiratet war. Aber es kam anders, und es wurde tragisch!
Die Tochter verbrachte dort einen der glücklichsten Tage ihres Lebens, so ausgelassen toben und spielen konnte sie lange nicht mehr. Bis sie uns ausgelassen zu einem "Mama-papa-Kind-Spiel" aufforderte, auch mit Küsschen. Diese Küsschen lösten in der Nachbarin ein Bedürfnis aus, welches ihr Mann auf Grund seiner Erkrankung schon lange nicht mehr befriedigen konnte, und so landeten wir, nachdem die Kleine bei ihr zu Hause eingeschlafen war, im Bett.
Damit begann eine unglaublich heiße Affaire, die aber aprupt endete, als irgend ein Idiot bei ihrem schwer kranken Mann in der Klinik anrief, er solle sich heim scheren, seine Frau würde fremdvögeln.
Das tat er auch und hatte nichts besseres zu tun, als einen Schlauch über den Auspuff seines Autos zu ziehen, um sich umzubringen. Beim ersten Versuch wurde er von der Postbotin erwischt, beim zweiten Versuch fuhr er ins Brandenburgische in den Wald...
Sie bat mich, ihr Zeit zu geben, da sie ihr Leben komplett neu ordnen und das Geschehene erst einmal verarbeiten müsse. Natürlich (oder dummerweise) kam ich dem nach, bis ich erfuhr, dass der Bruder ihres verstorbenen Mannes ihr unmissverständlich und auch mit Gewalt klar gemacht hatte, wo sie hingehört. Wenige Tage später war ihre Wohnung leer geräumt, ich traf sie dann durch Zufall ein halbes Jahr später noch einmal. Hochschwanger (ob von mir oder dem Bruder ihres Mannes habe ich nie erfahren) berichtete sie mir kurz, wie dieser Typ sie gezwungen habe, den Kontakt zu mir komplett abzubrechen. Weder ich noch die Nachbarn aus dem Haus haben sie nie wieder gesehen oder etwas von ihr gehört.
Ich weiß natürlich, dass mein Verhalten nicht die feine englische Art war, irgendwie bin ich in die Situation reingerutscht. Das Ende war nicht nur für mich eine Katastrophe, ich fühlte mich viel zu lang am Tod ihres Mannes schuldig. Noch schlimmer für mich war aber die Situation für sie und vor allem ihre Tochter! Der Bruder ihres Mannes war absolut gewalttätig und ich hatte keine Chance, ihr zu helfen!
Ein Unglück im persönlichen Umfeld verändert vieles. Und aus Außenstehender kann man sich dann in das Gefühlsleben nur schwer hineinversetzen. Sie war mit ihrem Ex sechs Jahre zusammen, das schafft Bindungen, die durch eine unvorhergesehene Situation durchaus wieder zum Tragen kommen können. In meinem Fall reichte die alte Bindung zum erweiterten Familienumfeld und wahrscheinlich auch eine Portion Gewalt, der sie sich ergab.