Es ist ja nicht nur der Waffenwahn. ZB in San Francisco schrauben sie am hellichten Tag Autos auseinander um die Teile zu klauen, denn die Polizei greift allenfalls ein wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Oder klauen hemmungslos ganz offen im Supermarkt weil keiner einschreitet.
Abgesehen davon wird die Schere zwischen arm und reich immer größer und die arme Unter- und Mittelschicht wird auch immer größer.
Viele kommen im Land der Freiheit und der Demokratie gar nicht mehr dazu, ihre Kinder zu erziehen, denn beide Elternteile machen zwei Jobs um die Familie finanziell über die Runden zu bringen. Abgesehen davon sitzen die Kinder den ganzen Tag in der Schule, wo die erzieherischen Maßnahmen meiner Erfahrung beim einmonatigen Schüleraustausch nach im Wesentlichen darin bestehen,
- sich am Schuleingang beim Durchsuchtwerden nach Waffen beim Metalldetektor und
- beim Anstehen in der Schulcafeteria für ekelhaftesten Fraß von Leuten anschnauzen zu
lassen, die dabei selbst bellen wie bissige Hunde,
- morgens beim Fahnenappell patriotisch das Händchen zu heben,
- wenn man zu den Army-Sympathisanten gehört, zweimal in der Woche
Pseudo-Armee-Uniförmchen zu tragen - viele ärmere Kinder machen da mit,
weil die Uniform und somit ein zusätzlicher Satz Klamotten zumindest bezuschusst
wird.
Oft sind die Leute auch noch extrem schlecht krankenversichert und haben irgendwelche pflegebedürftigen Angehörigen daheim, zB Opa oder Oma, weil kein Geld für eine vernünftige Altersversorgung da ist.
Etliche Kinder bekommen von klein auf übelste menschenverachtende soziale Verhältnisse serviert/vorgelebt und es wird ihnen von klein auf beigebracht, sich auf alle möglichen Arten zu verrenken, um zu verbergen, dass die Familie finanziell nicht gut dasteht. Ich finde es nicht gut aber mich wundert es nicht wenn da ab und zu jemand durchknallt.
Im Haus meiner Gastfamilie habe ich mir das Zimmer mit meiner Austauschpartnerin und deren Schwester geteilt. Wir haben oft Schüsse und Krankenwagensirenen gehört. Denen ist das gar nicht mehr groß aufgefallen. Auf meine Frage hin, was da los ist, wurde mir erklärt, dass ich mir keine Sorgen machen bräuchte, das seien irgendwelche Gangs im Nachbarviertel. Von denen käme nur selten jemand hierher. In der Nachbarschaft hatten sie alle scharfe Hunde, und jeder Pater Familias/Maior Domus hatte eine Schusswaffe.
Als ich am dritten Tag allein ins Haus zurückkam, stand plötzlich ein Nachbar schwer atmend mit Baseballschläger in kurzen Hosen und Unterhemd in der Hand in der Tür des kleinen Press-Spanplatten-Einfamilien-Häuschens und fragte die Schwester meiner Austauschpartnerin ob alles in Ordnung sei, er habe von drüben aus eine Fremde das Haus betreten sehen.
Etwa anderthalb Kilometer vom Haus entfernt, also in Sichtweite, nicht in der Richtung aus der immer die Schüsse zu hören waren, gabs einen Supermarkt. Weil ich zur Abwechslung mal was vernünftiges essen wollte, nicht nur geschmacklich zu Tode frittierten Schulkantinenfraß und was die Gast-Mama abends von ihrem Zweit-Job bei Burger-King geschafft mit nach Hause brachte, bin ich dort hingelatscht und hab eingekauft weil ich für alle kochen wollte.
Als ich so vor mich hin hufte, heulte neben mir plötzlich eine Polizeisirene kurz auf, eine gemischte Streife, schwarzer und weisser Polizist im Polizeiauto, und sie fragten mich, warum ich zu Fuß unterwegs sei, ob mein Auto liegengeblieben sei oder ich sonst ein Problem hätte.
Ich fand nett, dass sie fragten, ob alles in Ordnung ist. In den USA ist die Polizei ja eigentlich eher Ordnungsmacht als Freund und Helfer. Als ich erklärte, dass alles in Ordnung ist und was es mit mir auf sich hat und dass das Haus, in dem ich zur Zeit zu Gast bin, keine fünfhundert Meter die Straße runter ist, und dass der Supermarkt gleich da vorne ist, meinte der Schwarze, ihm sei nicht wohl wenn ich zu Fuß gehe. Wenn ich wolle, könnten sie mich im Streifenwagen mitnehmen und am Parkplatz vvom Supermarkt absetzen. Äusserst großzügiges Angebot. Was ich witzig fand: Ich hab denen im Gespräch angeboten, ihnen meinen Reisepass zu zeigen. Der eine hat ihn sich angeschaut und mir erklärt, er schaue ihn aber nicht als Teil einer Polizeikontrolle an, sondern aus Neugier. Er habe noch nie einen deutschen Pass gesehen und wisse deshalb auch gar nicht, wie ein deutscher Pass aussehen müsse, und könne mich von daher sowieso nicht kontrollieren. Er hat ihn schön andächtig durchgeblättert und wollte wissen von welchen Ländern die Stempel alle sind, bis der andere gemeint hat, sie müssten jetzt weiter.
Wie ich das der Gastfamilie später erzählt habe, konnten die nicht fassen, dass die Polizisten so nett zu mir waren. Wie ich das Essen gekocht hatte, und die Gasteltern von der Arbeit geschafft heim kamen, war das für die Leute ein Riesenereignis, dass alle zusammen am Tisch waren. Gemeinsame Mahlzeiten und am Esstisch schon für jeden ein Gedeck aufgelegt gabs sonst nicht. Sie haben noch den jüngeren Bruder der Gastmutter angerufen, damit er auch kommt und sich ein selbstgekochtes warmes Essen reinstellt. Weil den Leuten das so gefallen hat, hab ich dann öfter gekocht. In meiner Gastfamilie konnten sie alle es nicht fassen, dass ich es interessanter fand, den jüngeren Geschwistern meiner Austauschpartnerin, die in der Hinsicht sonst immer auf sich allein gestellt waren, zu erklären, wie ihre Schulaufgaben zu machen sind als in die Mall zu gehen um gesehen zu werden.
Nachdem meine Austauschpartnerin ihrerseits einen Monat bei uns im Internat war, hat sie Rotz und Wasser geheult, dass sie wieder zurück musste. Ein geregelter Tagesablauf, in dem jemand Zeit hat, sich dafür zu interessieren wo du bist und bleibst und ob du mit den dir aufgetragenen Dingen klarkommst, war für sie eine völlig neue Erfahrung.
Es war für mich unglaublich, was für ein sozialer Druck auf die Leute herrschte, und zwar in jeder Hinsicht. Kleine Beispiele: Wenn du als Schülerin sogar daheim noch beim Hausaufgabenmachen über das von der Schule gestellte Laptop von der Schule per Videochatüberwachung schikaniert wirst... Ich wurde am zweiten Tag von einer Lehrerin Hundegebell-mäßig angekläfft, ich hätte meine Schularbeiten nicht gemacht, was man daran erkennen könne, dass es keinen Eintrag in den Log-Files darüber gäbe, dass ich das von der Schule gestellte Laptop angeschaltet und mich bei der Schule eingeloggt hätte um sie zu machen. Die sind dann aus allen Wolken gefallen als ich mein Schulheft zeigte, in das ich alles von Hand reingeschrieben hatte. Dann hiess es, auch wenn ich auf Papier schreibe müsse ich beim Schularbeitenmachen daheim das Laptop anschalten, damit man mich dabei mit der Webcam sehen und so sicherstellen könne, dass ich sie wirklich selbst mache. Am Sonntag musste die ganze Familie in Sonntagskleidung erst in die Kirche und die Kinder/Jugendichen danach in die Sonntagsschule - und wehe wenn da an den Klamotten was nicht gestimmt hätte, da wäre man bei den anderen Christen unten durch gewesen...