Hallo allerseits,
ich würde sehr gern mal eure Meinung hören. Also dann..., ich versuche zusammenzufassen:
Alter der Leute, um die es hier geht: ca. Ende 30.
Ich (männlich) wohne seit ein paar Jahren mit meiner Freundin und ihrer 7-jährigen Tochter zusammen. (Mein Verhältnis zur Kleinen ist sehr sehr gut).
Vor einiger Zeit sind wir nach Wien gezogen. In den letzten Monaten bzw. wegen Corona wohl auch schon etwas länger ist unser Alltag manchmal etwas stressig: Lockdowns, Corona-Regeln etc, wie ihr sie ja auch kennt, dazu ein Fortbildungsstudium meiner Freundin (einige Fahrerei, wenig Zeit), noch ein paar Dinge in Sachen Job und Alltag und dazu natürlich noch ein 7-jähriges Schulkind. Wegen all diesen Punkten haben wir nach unserem Umzug hier auch noch keinen neuen Freundeskreis.
Meine Freundin hat eine gute Freundin (ich nenn sie hier mal "Martina"), die seit zwei Jahren in Prag wohnt (also auch schon vor unserem Umzug nach Wien). Ab und zu (alle paar Monate) besucht sie uns mal für zwei drei Tage.
Vor mehreren Wochen unterhielt sich meine Freundin mal wieder mit ihrer Freundin Martina per Telefon oder Whatsapp. Den beiden kam dann in den Sinn, sich doch mal in Prag zu treffen, d.h. meine Freundin würde sie dann dort alleine besuchen. Mit etwas Verspätung erfuhr ich dann (von meiner Freundin), wie dieses Gespräch noch weiterging: Martina sagte zunächst, das sei echt eine super Idee. Dann sagte sie: "Hättest du nicht Lust darauf, wenn wir beide mal für ein paar Tage nach Kroatien ans Meer fahren? Du könntest ja sagen, wir gehen auf irgendein Fortbildungsseminar". Meine Freundin entgegnete darauf: "Na ja, so eine erfundene Story wollte ich mir jetzt eigentlich nicht ausdenken", und darauf wiederum Martina: "Wieso? Es geht hier nicht um Story oder so, sondern darum, einfach ganz frei zu sein. Du weißt ja, wie das ist: wenn du nichts sagst, dann wird es auch keine störenden Interferenzen geben. Denk mal drüber nach. Ein paar Tage ein bisschen Spaß wär doch echt nicht schlecht". Dann redeten die beiden erst mal nicht weiter über das Thema.
Einen Tag später erzählte mir meine Freundin zu Hause zum ersten Mal von der Idee, d.h. so: Sie erzählte mir, Martina hätte vorgeschlagen, dass meine Freundin sie doch mal in ihrer Stadt alleine besucht. Und da für unser kleines Mädel für ein zwei Wochen später ein Aufenthalt bei Oma und Opa eingeplant war, hatte sie sich überlegt, dass das entsprechende Wochenende plus ein zwei Tag vielleicht ganz passend wäre. Ich meinte dann na ja, ok, eigentlich eine gute Idee, nur dass ich dann ja etwas blöde hier allein rumhängen würde, was aber andererseits ja auch unvermeidlich wäre. Direkt danach fiel mir auf, dass die angesprochenen Tage ja die Tage um Ostern herum waren - ich würde dann also Ostern allein in Wien verbringen, während meine Freundin bei ihrer Freundin in Prag wäre und die Kleine bei Oma und Opa. Das fand ich nicht so super berauschend, es war aber auch kein Problem, genau diesen Termin zu verwerfen, um sich einen passenderen Termin dann noch zu überlegen.
Am nächsten Tag grübelte ich darüber nach: Ich hatte das Gefühl, dass meine Freundin mir von der Idee in einer Art bzw. Stimmung erzählt hatte, dass ich irgendwie das Gefühl hatte, dass das nicht alles war, sondern dass es da noch irgendwas gab, was sie nicht ausgesprochen hatte und wovon ich nichts wusste (zu diesem Zeitpunkt wusste ich nichts von Martinas Idee der heimlichen Reise ans Meer). Dieses schlechte Gefühl ließ mich nicht los. Außerdem dachte ich darüber nach, dass es Menschen gibt, bei denen man schnell den Eindruck gewinnt, dass sie ehrlich und redlich sind, dass aber gerade Martina bei mir noch nie diesen Eindruck erweckt hat, sondern eher den, dass man nie weiß, was sich da noch irgendwo verbirgt.
Ich erzählte also meiner Freundin davon und auch vom Eindruck in Sachen "Ehrlichkeit", den ich von Martina so hatte. Meine Freundin erzählte mir daraufhin "die ganze" Geschichte..., d.h. auch davon, dass Martina vorgeschlagen hatte, mit ihr ans Meer zu fahren, ohne dass ich was davon wissen sollte (unter dem Vorwand "zu einem Seminar zu gehen"). Ich fand das dann schon sehr krass und wunderte mich auch, warum Martina überhaupt sofort auf die Idee gekommen war, "auf die heimliche Tour" so eine Reise zu unternehmen statt die Reise "einfach so" vorzuschlagen (also "unverborgen").
Meine Freundin hatte ja einerseits gesagt, dass sie diese Idee nicht gut fand. Andererseits wundere ich mich darüber, dass meine Freundin wiederum ausgesprochen sanft und problemlos auf diesen Vorschlag reagiert hat. Sie war nicht etwa verärgert oder ähnliches. Martina hatte ihr also aus heiterem Himmel vorgeschlagen, ihrem geliebten Freund, mit dem sie das ganze Leben verbringen will, mit einem erfundenen Vorwand ("mehrtägiges Seminar") anzulügen, dann heimlich sommerliche Tage am Meer zu verbringen und mir später dann auch nie was davon zu erzählen. Und diesem Fakt bzw. dieser Initiative/"Idee" Martinas gegenüber bleibt meine Freundin eigentlich einfach gelassen und empfindet auch nicht den Wunsch, ihrer Freundin (also Martina) gegenüber ihre Verwunderung oder (nicht vorhandenen) Ärger auszudrücken.
Zufällig kurz nach dieser Sache kam es bei der Oscar-Verleihung zu diesem Vorfall, bei dem der Schauspieler Will Smith dem Moderator eine Ohrfeige verpasst hat, nachdem letzterer einen Scherz gemacht hatte, der mit dem fast kahlgeschorenen Kopf Wills Frau Jada Pinkett zusammenhing. Jada Pinkett leidet an einer lästigen Haarausfallkrankheit, bei der hier und da auf dem Kopf Teilflächen ihre Haare verlieren. Darum hat sie sich irgendwann zur Notlösung entschlossen, ihre Haar mal ultrakurz schneiden zu lassen.
Als ich meine Freundin fragte, ob sie schon diese Nachricht von Will Smith und der Ohrfeige gesehen hatte, meinte Freundin ja und sagte auch ihre Meinung dazu. Voller Energie und Elan, geradezu verärgert auf diesen Oscar-Moderator meinte sie, das sei genau richtig gewesen, dass Will Smith seine Frau auf diese Weise verteidigt hatte, nachdem der Oscar-Moderator so was Unpassendes gesagt hatte. So müsse das sein, wenn sich jemand dem eigenen Partner gegenüber so unmöglich verhält (in diesem Fall also: völlig unangebrachter Scherz).
Die Reaktion meiner Freundin fand ich gar nicht so schlecht - vor allem, dass sie so resolut und klar ihre Position ausdrückte - und zwar auch emotional. Sofort dachte ich allerdings auch an den tollen Vorschlag Martinas, mit meiner Freundin hinter meinem Rücken heimlich ans Meer zu fahren, während ich denken sollte, sie würden gerade auf einem Fortbildungsseminar sein... In DIESEM Fall war meine Freundin in keinem Moment Feuer und Flamme dafür, sich wegen dieser Idee aufzuregen oder eine Art Empörung gegenüber ihrer Freundin auszudrücken.
Und genau das wurmt mich jetzt bis heute. Ich finde es schon krass genug, wenn diese Freundin (Martina) anscheinend ganz leicht und locker auf solche verlogenen (und meiner Meinung nach auch destruktiven) Ideen kommt. Was mich aber noch mehr frustriert ist die vollkommen lauwarme Reaktion meiner Freundin, wenn es hier um ihren eigenen Freund geht - während sie bei dieser fremden Geschichte um den unpassenden Scherz des Oscar-Moderators über Will Smiths Frau quicklebendig, emotional und entschlossen die Verteidigung Will Smiths' Frau unterstützte und sich darüber aufregte.
Danke an alle, die bis hier hin mitgelesen haben!...
Also, sagt doch mal: "Verlange ich zu viel", wenn ich der Meinung bin, dass man die Idee mit einer verheimlichten Reise mit Lügenvorwand ruhig verabscheuen "darf" - vor allem, wenn man kein Teen mehr ist sondern erwachsen - und wenn ich mir wünsche, dass in diesem Fall meine Freundin zu mir stehen sollte und sich eigentlich auch ruhig darüber hätte aufregen können, wenn ihr jemand (bzw. ihre Freundin Martina) vorschlägt, ihren eigenen Freund geplant und aufwändig zu hintergehen und anzulügen?
Vielen Dank im Voraus für eure Meinungen!!