Ich bin ja nicht nur in der DDR geboren worden, ich habe in ihr gelebt und sie 28 Jahre erlebt. Und ich meine, die Unterschiede zwischen der DDR und der Bundesrepublik recht gut beurteilen zu können.
Und ja, diese Unterschiede sind gewaltig, größer, als sich manch Bundesbürger es sich so vorstellen kann.
Natürlich mussten wir für unser Geld arbeiten, in vielen Berufen sogar hart arbeiten, z.B. wenn ich an die Landwirtschaft denke. Ein Job in der Schweinemast hieß oft, monatelang ohne freie Tage durchzuarbeiten, um dann mit gerade mal 400 Mark am Monatsende da zu stehen. Also ging man im Frühjahr / Sommer nebenbei Rüben hacken, wer die Möglichkeit hatte, hielt sich privat bissel Vieh (Schweine, auch mal einen Mastbullen, natürlich Hühner und viele hatten ihre Karnickel.) Und so hatte der Arbeitstag schnell mal seine 12 bis 14 Stunden, die meisten hatten ja auch noch ihre Görten und / oder kleinere Ackerflächen, um die sich gekümmert werden musste. Urlaub? In der Landwirtschaft gab es keinen FDGB (die DDR-Gewerkschaft), also auch keine FDGB-Ferienplätze und auch keine Ferienlager für die Dorfkinder. Wie auch, das private Vieh kannte keine freien bzw. Urlaubstage.
Man hatte in der DDR eigentlich alles bekommen, nur eben nicht immer überall. Der große Vorteil zu heute: Man hat Dinge ganz anders wertgeschätzt als heute! Und wenn meine Mutter für ihre Strickmaschine eben diese spezielle Prylaganwolle benötigte und in Dresden gab es mal wieder keine, dann sind wir ("Kinder") eben nach Leipzig, Cottbus oder Berlin getrampt (was damals gefahrlos möglich war), irgendwo hatte man die schließlich bekommen und wir erlebten so unsere Abenteuer.
Mal etwas zum Thema Stasi. Natürlich war die überall präsent. Das wusste man aber auch. Hier mal ein Fall aus meinem eigenen Erleben, von dem ich selbst betroffen war:
Ich hatte ja früh meine Eltern verloren, und so waren wir finanziell nicht gerade reich gesegnet. Meine Schwester verdiente zwar als Glockenkutscherin recht gut, trotzdem wollte ich sie entlasten. Und so ging ich drei Jahre zur Armee, als Unteroffizier hatte man deutlich mehr Kohle in der Tasche wie die Grundwehrdienstler. Die letzten 1 1/2 Jahre war ich als Sani an der Offiziershochschule in Kamenz, wo unter anderem auch Mosambikaner ausgebildet wurden. Ich hatte immer das Interesse, Kontakte zu jungen Leuten aus anderen Ländern zu knüpfen, und so verfasste ich einen Leserbrief in eine mosambikanische Jugendzeitschrift, der "Tempo". Alles schick, dachte ich, vielleicht bekomme ich ein paar Zuschriften. Bekam ich auch, und nicht nur eben ein paar, sondern zig Tausende! Direkt in die Kaserne! Armeeangehörigen war aber Kontakt zu Menschen aus dem sogenannten nichtsozialistischen Ausland strikt untersagt. Für mich zählte aber Mosambik nicht zu diesem "NSW", schließlich hatten wir ja die Leute in der Kaserne. Was ist nicht wusste: Diese Zeitschrift erschien nicht nur in Mosambik, sondern in der gesamten portugisischschpachigen Welt, also u.a. auch in Portugal, Brasilien usw. Und auch von dort kamen Briefe. Direkt in die Kaserne, und das Säcke weise! Natürlich darerte es nicht lange, und ich durfte bei der sogenannten "Abteiung 2000" antreten zum Verhör, Verdacht des Hochverrats!
Bei diesen verhören wurde ich immer fair behandelt, ich wurde nie unter Druck gesetzt, man versuchte auch nicht, mich irgendwie als IM für Spitzeltätigkeiten zu "aktivieren". Meine Begründungen für diesen Leserbrief waren schlüssig, mein einziger Fehler war, dass ich dummerweise eben nicht meine private Anschrift veröffentlicht hatte, sondern eben die Dienststellenadresse. Statt Jahre im Armeeknast in Schwedt zu verschwinden (was ich arg befürchtete) gab es lediglich eine Bevörderungssperre, damit konnte ich leben. Die ganze Post wurde mir nach der Entlassung aus der Armee an meine Heimatadresse nachgeschickt, am Ende waren es über 30.000 Briefe! Aben eben kein Knast, keine Degradierung, ich sage mal, ich war mit einem blauen Auge davon gekommen.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote: Weiß noch jemand das Geheimnis der Kuchenränder? gerade die Dresdner Bäcker waren ja nicht nur für ihren hervorragenden Stollen in der Weihnachtszeit bekannt, sondern auch für die leckeren Blechkuchen. Und da meine ich nicht nur die Eierschecke oder den Bienenstich, sondern vor allem die Obstküchen, egal, ob mit Decke oder Streuseln. Da waren ordentliche Hefeböden drunter (und nicht (die heute üblichen Mürbteigböden), wurden handwerklich auf Blechen gebacken. Gerade am Blechrand bildete sich beim Backen leckeres Karamell.
Damals hätte kein Bäcker die Kuchen mit den Rändern verkauft, die wurden abgeschnitten und an die Kinder verteilt. Es ist ja nicht so, dass wir uns keinen Kuchen leisten konnten, bei Stückpreisen von 25 bis 60 Pfennig war das jederzeit bezahlbar. Die Kuchenränder ander schmeckten durch dieses Karamell besonders lecker, genau das Richtige vor allem Sonnabends in der Schule zum Frühstück! Eine schöne Erinnerung!