Liebe Paperangel,
es klingt so, als wärst du häufig krank geschrieben, aber noch nicht in Psychotherapie. Kann das sein? Hast du bereits eine (Verdachts-)Diagnose mit der du dich in der Klinik vorstellen kannst?
Ich würde dir dazu raten, dich zunächst einmal bei allen Psychotherapeuten in deiner Nähe für Erstgespräche auf die Warteliste setzen zu lassen. Du kannst mit jedem Therapeuten bis zu drei Erstgespräche führen und so feststellen, ob die Chemie und der Behandlungsansatz zu dir passt. Die Therapeuten stellen dann eine Verdachtsfiagnose und empfehlen einen Therapieansatz. Falls gerade kein Therapieplatz frei ist kommst du auf eine Warteliste und wirst angerufen, wenn Platz ist. Dann kannst du einmal pro Woche ein Therapiegespräch führen, das von der Krankenkasse gezahlt wird.
In der Tagesklinik hat man auch nur ein Gespräch pro Woche, aber man bekommt noch Essen (Frühstück und Mittagessen) und weiteres Beschäftigungsprogramm (Meditation, Lichttherapie, Spaziergänge, usw.). Für Personen, die sich nicht so gut selbst versorgen können, oder deren Gedanken täglich kreiseln bietet die Tagesklinik etwas mehr Struktur als die ambulante Therapie.
Arbeit neben einer (teil-)stationären Therapie ist in der Regel nicht möglich. Es gibt Ausnahmen, wenn du nach Ende der Therapie eine Wiedereingliederung in das Berufsleben nach einer längeren Pause beginnst. In der Wiedereingliederung geht man stundenweise Arbeiten und davor oder danach in die Tagesklinik zur Besprechung.
Ich würde dir dringend dazu raten, zunächst das ambulante Behandlungsangebot auszuschöpfen und so vielleicht noch die Ausbildung zu beenden, wenn das für dich möglich ist. Dann hast du zumindest deine abgeschlossene Ausbildung sicher.
Falls deine Beschwerden eine stationäre Einweisung unumgänglich machen, musst du die Ausbildung für die Dauer der Therapie pausieren. Es kommt nach 6 Wochen dazu, dass du auf das Krankengeld zurückfällst und dann unter Umständen Probleme haben wirst, deine Wohnung und Lebensunterhalt für dich aufzubringen, sodass du weitere Sozialleistungen (z.B. Wohngeld) beantragen musst (was den Leidensdruck vielleicht erhöht und viel Zeit für Behördengänge in Anspruch nimmt).
Bei mir war es damals so, dass der finanzielle Druck meine Situation massiv verschlechtert hat. Deswegen würde ich heute jedem dazu raten, sich vor einer stationären Einweisung zu überlegen, wie man im Krankengeldfall finanziell über die Runden kommt. Ich habe die Tagesklinik nach Ablauf von 6 Wochen verlassen, um nicht ins Krankengeld zu fallen und bin in die Arbeit zurückgekehrt. Für mich hatte die Tagesklinik keinen höheren Nutzen als die ambulante Therapie. Das ist aber für viele andere Menschen, die mehr Alltagsstruktur brauchen anders.
Wenn das Finanzielle geklärt ist, kannst du dich bei einer Tagesklinik auf die Warteliste setzen lassen und dort zum Erstgespräch vorstellen.
Mir waren die Einzeltherapiegespräche sehr wichtig, daher würde ich immer fragen, wie oft diese stattfinden und bei wem. Wenn die Chemie mit den Psychotherapeuten nicht stimmt, ist das schwierig. Ich war in einer Klinik, wo die Therapiegespräche ständig verschoben wurden oder ausgefallen sind. Das fand ich auch schwierig. Am Ende war ich zwei Wochen ohne Therapiegespräch da. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich aus den anderen Angeboten wie Ergotherapie und Meditation, oder Gruppengesprächen so viel Nutzen für mich ziehen konnte. Manche Tageskliniken öffnen ihr Therapieangebot auch für Externe. Z.B. konnte man in einer Klinik an der Ergotherapie als Externer teilnehmen. Manche bieten Selbsthilfegruppen für Externe an.
Falls deine Beschwerden so stark sind, dass du nicht zu Hause schlafen kannst, oder nicht alleinesein kannst, würdest du vollstationär aufgenommen und erhältst ein Zimmer in der Klinik.
Da die Therapie-Angebote tagsüber stattfinden (ca. 8-16 Uhr), ist eine Teilnahme am Berufsleben stationär nicht möglich.
Jede Klinik hat eine andere Spezialisierung, andere Ärzte und ein anderes Angebot. Daher solltest du auch dort schauen, dass die Klinik zu dir passt, bevor du monatelang dort sitzt und dann feststellst, dass das Angebot dir nicht gut tut.
Ich war bisher in zwei Tageskliniken und beide haben nicht gut zu mir gepasst.
Die eine Klinik hat mich entlassen, weil ich mich neben der Tagesklinik auf neue Jobs beworben habe und sie nicht wollten, dass ich weiter an meiner Berufstätigkeit arbeite. (Sie haben zu viel Eigeninitiative, um hier zu sein.) Das hat mich damals sehr verletzt, dass mir die Therapie versagt wurde, nur weil ich in Zukunft (in ein paar Monaten) wieder arbeiten wollte.
Die zweite Klinik war auf bipolare Störungen spezialisiert, aber hat trotzdem jeden aufgenommen. Bei den Gruppengesprächen hat man dann gemerkt, dass es bei den Patienten keine Gemeinsamkeiten gab (von Altersdepression über narzisstische Persönlichkeit hin zu Essstörung war da alles) und eigentlich niemand etwas mit dem anderen anfangen konnte und bei der Einzeltherapie kamen immer wieder die Bipolaren Themen bei den Therapeuten zu Tage - mit denen ich mich gar nicht identifizieren kann - und am Ende musste ich feststellen, dass sie meiner Krankenkasse eine bipolare Persönlichkeitsstörung für mich mitgeteilt haben, obwohl ich eine andere gesicherte Diagnose von mehreren ambulanten Psychotherapeuten bereits hatte. Wegen dieser Diagnose habe ich jetzt jahrelang Probleme, weil ich z.B. keine private Krankenversicherung abschließen kann und eine Verbesmtung im öffentlichen Dienst dadurch ausgeschlossen wird. Auch das habe ich erst hinterher festgestellt.
Alles in allem muss die Therapie zu dir und deinem Lebensentwurf passen. Sie soll dir helfen und nicht noch zusätzliche Steine in den Weg legen.
Manche Krankenkassen übernehmen übrigens auch die Nutzung von Therapie-Apps und Psychotherapie über App. Vielleicht ist das für dich auch ein Einstieg und du kannst dich erst einmal informieren und umschauen, was es so an Therapie-Angeboten gibt.