Guten Morgen,
gerade jetzt ist es besonders wichtig auf deine eigenen Empfindungen und auch dein Wohlbefinden zu achten. Du kannst keine Stütze und Stärke sein, wenn du dich völlig verausgabst. Bei dem schweren Verlust, den die Familie deines Freundes erleiden musste braucht es sicherlich Zeit, um einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Du bist sehr liebevoll und mitfühlend. Das ist schön für deinen Freund, besonders in der ersten schweren Zeit. Was du ihm nicht abnehmen kannst, ist die volle Wucht der Gefühle und Empfindungen, die so ein schwerer Verlust mit sich bringt. Trauerphasen sind enorm wichtig und verlaufen in Form einer Spirale, leider oft sehr tückisch. Das Durchleben aller Phasen ist eine Form der Verlustbewältiung, obwohl sie bei den meisten Menschen ähnlich abläuft, ist jeder Mensch dabei auch individuell. So braucht es manchmal Zeit, um einen Verlust erst wahrzunehmen. Viele Menschen befinden sich zunächst in einem Schockzustand und wollen den Tatsachen nicht ins Auge blicken, weil der Gedanke daran unvorstellbar ist. Gefühle wie Hilflosigkeit, Ohnmacht und Verzweiflung begleitet ihren Tag, ohne das die Realität schon bei ihnen angekommen wäre.
Du hast es absolut richtig gemacht, die Familie und deinen Freund nicht alleinge gelassen. Es gibt unheimlich viel zu klären, vielleicht kannst du hierbei deine Unterstützung anbieten. In Trauerphasen kommt es zu Schuldgefühlen, sie können mit exessiver Wut auftreten. Der Schmerz kann so übermächtig werden, dass er sich nicht nur gegen den Verstorbenen richtet. Er könnte sich gegen den Partner richten oder natürlich gegen sich selbst. Hier sollte man aufpassen und auf professionelle Begleitung zurückgreifen. Es ist für dich als Freundin nicht leicht diese Form der Wut auszuhalten ohne darauf einzugehen, dabei ist zuhören sehr wichtig und das Wissen, das dies eine Pase der Verlustbewältigung ist. Auch hier ist es enorm wichtig, dass du auf dich selbst achtest. Das hat nichts mit Egoismus zu tun! Du tust nur, was du kannst bis zu einer von dir definierten Grenze!
Ein weiterer schwerer Schritt vollzieht sich in dem Rückzug, indem es eigentlich um den Abschied zum Verstorbenen geht. Dieser Rückzug aus der Welt und von anderen Menschen ist manchmal notwendig, um für sich einen Weg zu finden etwas Nichtakzeptierbares zu akzeptieren. Das ist auch für Betroffene sehr schmerzhaft aber sie brauchen diesen Schritt, um einen Weg zurück ins Leben zu finden, ohne den geliebten Menschen. In jeder Phase kann sich eine Depression einstellen. Wenn Menschen anfangen sich zu erinnern sind sie meist durch die schwerste Zeit hindurch. Und selbst Erinnerungen stellen an das Umfeld häufig große Herausforderungen dar, weil sie manchmal lebensbestimmend sind.
Dankbarkeit seitens der Familie und deines Freundes wird sicherlich bestehen aber ich würde nicht darauf warten, etwas zurückzubekommen, was im Moment vielleicht einfach unmöglich ist. Nicht, weil man dich nicht liebt oder schätzt, sondern weil die Gefühle seiner Familie und deines Freundes von den Trauerphasen beherrscht werden. Daher auch mein Rat dir Freiräume zu schaffen, in denen du dir Zeit für dich nimmst.
Trauer ist wichtig, jede einzelne Phase aber sie ist nie gewollt.
Alles Gute euch.
LG Sis