> Da gab es wieder eine total bescheuerte Aussage... "und sowas hat die Merkel reingelassen"....
Wie ich reagieren würde? Meine erste Aussage wäre, dass Merkel vom Volk gewählt worden ist(, aber nicht von mir).
Meine zweite (ironische) Aussage wäre:
"Merkel hat sie reingelassen"="Die böse Mami ist schuld, denn wir alle anderen sind ja nur machtlose schwache Kleinkinder."
Merkel ist charakterlich ein moralisch flexibler Wackelpudding, der alleine nichts auf die Reihe kriegt. Von daher ist die Vorstellung absurd, Merkel trage für irgendwas die Verantwortung alleine. Merkel ist nicht so groß und mächtig und schrecklich, und die Bürger Deutschlands sind auch keine dummen hilflosen Marionetten, die ohnmächtig an Merkels Faden tanzen.
Betrachten wir es mal rein sachlich:
Dieser messerstechende Mensch ist im Gegensatz zu hier geborenen messerstechenden Menschen vermutlich tatsächlich "reingelassen" worden.
Meine Frage wäre also, ob deinen Mann aufregt, dass dieser Mensch, der reingelasen worden ist, Ausländer ist, oder ob ihn aufregt, dass dieser Mensch, der reingelassen worden ist, ein Messerstecher ist, und man also dadurch, dass man einen Messerstecher eingelassen hat anstatt genauer hinzuschauen, die Menge an sich (aus welchen Gründen auch immer - sei es Geburt in Deutschland, sei es Tourismus oder Einwanderung/Flucht oder was auch immer) in Deutschlang aufthaltenden gemeingefährlichen messerstechenden Menschen vergrössert hat? Messerstecher/gemeingefährlich ist ein anderes Merkmal als das Merkmal "Ausländer".
Es gibt sehr viele Staaten, in denen die Behörden, die für die Sicherheit ihrer Bürger verantwortlich sind, bei neu Hinzukommenden erstmal genau wissen wollen, was das jeweils für Leute sind, bevor sie sie in ihrem Staat auf die Allgemeinheit "loslassen".
Ich halte das für in Ordnung solange man auch während der Phase, in der man dies feststellt, mit den Leuten anständig umgeht.
Aber die Feststellung muss sorgfältig erfolgen. Und sowohl an Sorgfalt als auch am Willen, sich in aller Sorgfalt ethisch korrekt zu verhalten, was auch Präzision bei der Aufdröselung von Sachverhalten notwendig macht, mangelt es in unserem Land allenthalben. Ärzte, Juristen, Behördenmitarbeiter, andere Berufsbranchen - viele wollen gar nicht gründlich arbeiten sondern die Patienten/Fälle/Vorgänge nur möglichst schnell für sich abhaken. Und dadurch entsteht Unrecht. Und unter anderem dadurch ist unser System für denkende Menschen unglaubwürdig.
Hätten diejenigen, deren Aufgabe es war, sich im Rahmen seines Hierherkommens dieses Menschen anzunehmen, sorgfältiger hingeschaut, hätten sie vermutlich festgestellt, dass der betreffende Mensch ein Fall für die Psychiatrie ist, bevor er Unheil anrichten konnte. Und veranlasst, dass rechtzeitig geholfen wird. Aber in unserem Land hat kaum noch einer ein Interesse daran, seine Arbeit auf sinnvolle, sorgfältige, schadensminimierende, verantwortungsvolle, helfende anstatt nur schnell abhakende Weise zu erledigen.
Und was man auch bedenken muss:
Wie Menschen ticken und wie ihr Bewusstsein arbeitet, was ihnen auf welchen Ebenen wie bewusst wird, hängt sehr davon ab, wodurch sie geprägt werden und wodurch ihre Bewusstseinstätigkeit gefordert/trainiert wird. Du wirst kaum einen Psychologen auf der Welt finden, der dies bezweifelt. ZB im Mittelalter waren die Menschen, die damals in den Gebieten des heutigen Deutschland gelebt haben, ganz anders drauf als man das heutzutage ist. Statt des Mittelalters könnte man für meinen Gedanken auch zB einen Menschen aus der Zeit des Kaiserreichs, kurz vor der Weimarer Republuik, nehmen: Würde jemand aus unserer Zeit unvorbereitet auf so jemanden treffen, dann wäre das für beide Parteien ein Kulturschock. Ein Kulturschock, bei dem vermutlich beiden Parteien vieles, was den Umstand, dass die Begegnung als Schock empfunden wird, verursacht, gar nicht voll bewusst wird.
Warum sollte das mit Menschen, die aus verschiedenen Weltgegenden kommen, und die unter völlig unterschiedlichen Bedingungen gelebt haben und sozialisiert worden sind, anders sein? Es müsste viel mehr getan werden, die Leute, die aus ganz anderen Lebensumständen hierherkommen, auf unsere Kultur vorzubereiten, damit sie den Kulturschock verkraften anstatt durchzuknallen. Es gibt zwar für Neuankömmlinge ein paar Kurse/Belehrungen, aber schon während der Durchführung prallen einige der Neuankömmlinge auf alle möglichen Arten völlig unvorbereitet auf unsere kulturellen Anforderungen und unseren kulturellen Rahmen - oft, ohne dass auf unserer Seite den Kursdurchführenden bewusst ist, wie weit dies geht.
Für mich jedenfalls war Somalia, als ich dort war, anfangs ein ziemlicher Kulturschock.
Warum sollte das andersherum nicht genauso sein?
Anhand Deiner Schilderung erschliesst sich nicht, wie Dein Mann bei dem Sachverhalt die Aspekte gewichtet.
Ich würde Deinem Mann also allein aufgrund der von Dir berichteten Verlautbarungen erstmal keine Ausländerfeindlichkeit unterstellen.
Aber ich würde ihn darauf aufmerksam machen, dass es nicht richtig ist, Menschen, aus welchen Gründen auch immer, als "sowas" zu bezeichnen.
Menschen, egal, ob lieb und nett oder kriminell und gemeingefährlich, sind keine Sachen.
Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland lautet:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Alle Menschen, die von sich sagen, dass sie sich zur Bundesrepublik Deutschland bekennen, sagen damit, dass sie sich auch zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und ihren Werten bekennen.
Wenn Dein Man das von sich selbst auch sagt, dann sollte man ihm mal korrekt, also nicht so, wie es in der Schule im Gemeinschaftskundeunterricht (wenn überhaupt) gemacht wird, auseinandersetzen, was der erste Satz dieses Absatzes bedeutet:
Der erste Satz dieses Absatzes ist das Bekenntnis zu einem Menschenbild, demzufolge es nicht möglich ist, dass ein Mensch seiner Menschenwürde verlustig geht. Egal was ein Mensch tut/vollbringt/anstellt, egal wie tief dieser Mensch sinkt, egal was für Schandtaten er begeht, egal in welch schwindelerregende moralische intellektuelle verdientvolle Höhen er aufsteigt, egal wie verkommen er aus Schlechtigkeit vielleicht sein mag, egal, zu was für einem schwachen Häufchen Elend er aufgrund von Maltraitierung und/oder Krankheit geworden ist - all das ändert nichts an dem unumstösslichen Umstand, dass er ein Mensch ist und allein deswegen eine ihm innewohnende Menschenwürde hat.
Egal wie weit es mit einem Menschen gekommen ist - man darf nicht davon ausgehen, dass er seine Würde als Mensch nicht mehr hat. Und weil er diese Würde hat, ist es, egal, was er angestellt hat und egal wie tief er gesunken oder zu was für einem Häuflein Elend er warum auch immer geworden ist, ein Verbrechen, ihn menschenunwürdig zu behandeln oder von ihm nicht mehr als Mensch sondern als Sache zu denken.
Dein Mann ist zwar privat daheim keine staatliche Gewalt, aber der zweite Satz könnte trotzdem für ihn interessant sein:
Der zweite Satz dieses Absatzes verpflichtet alle Staatsgewalt, also zB Staatsorgane, Gesetzgeber, Juristen, Polizisten und Soldaten, Beamte, von der Bundesebene bis zur Kommunalebene, sonstige Leute, die vom Staat mit Aufgaben beliehen sind. Er verpflichtet sie dazu, diese, jedem Menschen innewohnende Würde als etwas Achtens- und Schützenswertes zu sehen und sich immer entsprechend dieser Sichtweise zu verhalten.
Es steht auch nirgends da, dass es dabei nur um deutsche Menschen geht. Es geht um alle Menschen. Zu allen Zeiten. Überall, wo es Menschen gibt. Diese Bekenntnis begründet meiner Meinung nach die Pflicht des deutschen Staates, sich nach Möglichkeit auch um die Achtung und den Schutz der unantastbaren Menschenwürde von Menschen zu bemühen, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben/die nicht in Deutschland leben. Wenn man es genau nimmt, eine Mammutaufgabe und ein ziemlich hoher Anspruch, den Deutschland da an sich selbst stellt.
Wenn Dein Man von sich selbst sagt, dass er sich zur Bundesrepublik Deutschland, zu ihrem Grundgesetz und ihren darin festgeschriebenen Werten bekennt, dann sagt er damit von sich selbst auch, dass er sich dazu bekennt, dass es in Ordnung ist wenn die staatliche Gewalt ihrer Verpflichtung nachkommt. Und zB veranlasst, dass sich um Leute gekümmert wird, die aus welcher Not heraus auch immer flüchten mussten.
Ich rege mich immer auf wenn die Leute im Europarat sich so ergriffen als rechtschaffene Menschen in Positur stellen wenn die Ode an die Freude von Beethoven gespielt und der Text von Schiller in der späteren Fassung dazu gesungen wird.
Die erste Strophe in dieser Fassung lautet nämlich:
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Stellt sich die Frage, warum stört sich niemand an dem Wörtchen "werden"?
Alle Menschen sind Brüder und Schwestern.
Genau dieser Umstand ist es, der es so schlimm macht, was Menschen einander antun und wie sie einander betrügen und belügen.
Statt diesen Somalier als "sowas" zu bezeichnen und ihm damit womöglich die Menschenwürde abzusprechen, wäre es besser, die Tragik zu erkennen, die darin liegt, dass ein Bruder auf einen schlechten Weg geraten ist.