Bevor wir deinem Freund zu unrecht tun, bin ich mir sicher, dass er auch gute Seiten hat und zeigt - sonst wärst du ja nicht mit ihm zusammen.
Wenn du schon zusehends unter der Situation leidest, kannst du es ja nochmal versuchen, über die Beziehung zu reden. Wo er seine Verletzungen erfahren hat, weiß man nicht, aber er scheint auf der Position "neutral" zu stehen und nicht zuviel von sich einzubringen, um sich vor Verletzungen und zuviel zu geben zu schützen - also auf der Beziehungsbremse zu stehen.
Blöd nur, dass Beziehungen so nicht funktionieren. Klar gibt einer mal mehr Gas und der andere weniger, aber wenn es immer so ist oder die Balance nicht stimmt, dann ist es eben genau so wie du es jetzt beschreibst.
Ich war auch immer eine, die eher Gas gibt und so gar nicht leiden konnte, wenn der Freund da nicht mitwollte. Nun, das ist natürlich schon längst Geschichte und es braucht schon einen sehr verliebt-romantischen Typen, der zu mir passt. Ich bin aber auch ruhiger geworden, und, das ist das wichtigste, mein Selbstwertgefühl hängt jetzt nicht von einem Ich liebe dich mehr oder einem Wie schnell stellt er mich seiner Familie vor weniger ab, wobei ich diesbzgl. auch keinen Mangel erlebe.
Das mit der "Kindererziehung" ist so eine Sache. Ich denke, da musst du klare Grenzen setzen und auch dass du nicht kritisiert, sondern unterstützt werden möchtest. Andererseits, wenn sich diese Beziehung entwickeln soll, dann hat dein Freund natürlich auch ein Interesse, dass sich dein Kind so verhält, wie es ihm "angenehm" (oder zumindest ihm nicht unangenehm) ist.
Das ist jetzt schwer zu schlucken und ich weiß natürlich nicht, ob du jetzt den kompletten Laissez-fair-Stil als richtig erachtest, weil Kinder brauchen auch aus meiner Sicht zwar Raum, in dem sie sich ungestört entwickeln können, aber ein Raum hat auch Wände und damit Grenzen.
Wenn ihr da grundsätzlich unterschiedliche Anschauungen habt, dann wird das sowieso sehr (!) schwierig und würde von großer Liebe und Nähe zeugen, wenn ihr es trotzdem weiter versucht, weil da scheiden sich oft wirklich die Geister und damit geht auch die Nähe flöten. Ständig Streit über die "Kindererziehung" killt auch viele Eltern-Paar-Beziehungen.
Vielleicht ist das auch ein Grund, dass er sich nicht einlässt, weil ihm davor "graut", wie in seiner Phantasie das alles schief läuft mit der "Erziehung" deiner Tochter. Ich habe da auch einige Kämpfe zu kämpfen mit meinem Freund, weil ich bestimmte Dinge nicht akzeptier(t)e und bei mir bestimmte Regeln einfach nicht herrsch(t)en und er als bislang kinderloser einfach seine Weisheiten vom Stapel lässt, ohne viel darüber nachzudenken. Aber - und das muss ich einfach zugeben - ist nicht alles automatisch falsch, was er zu sagen hat, sondern die Absicht dahinter ist immer eine positive. Diese positive Absicht zu unterstellen, macht den Patchwork-Wahnsinn doch einigermaßen erträglich ;-)
Und wenn wir zu dritt leben wollen, dann müssen wir auch aufeinander Rücksicht nehmen. Dem Kind alle Freiheiten zu lassen, wäre Wahnsinn, und würde auch dem Kind schaden. Ein Beispiel, die Bildschirmzeit. Hat sich durch Corona natürlich völlig irre entwickelt, Homeschooling, Skype mit Freunden, usw., da ist ein Schlendrian reingekommen. Ich sehe das immer sehr wohlwollend (auch aus positiver Absicht: ist jetzt gerade so, wird schon nicht schaden, andere machen das auch), mein Freund sehr kritisch. Die Altersbeschränkung von Skype ist beispielsweise 13 Jahre und da ist er sehr streng. Er hat aber manchmal eine unmögliche Art, das darzulegen, die mich provoziert und ihn in die Schranken weisen lässt. Aber und jetzt kommts: Die Absicht ist positiv. Er will meine Tochter schützen. Wenn ich mir die Skypechats anschaue (sie hat keinen eigenen User sondern hat mit meinem mit ihren Freundinnen telefoniert), dann hat das seinen Sinn. Die schreiben was ihnen einfällt, Netiquette ist wurscht, sprich: Sie können damit nicht umgehen. Und das obwohl sie die liebsten und wirklich verständnisvollsten Mädchen sind, wenn man mit ihnen spricht. Der nächste Schritt zum Cybermobbing ist
Ich hoffe du verzeihst die Reflexion auf meine Situation, aber das schwierige hier ist, dass du ihn einerseits weiter in die Beziehung reinholen möchtest, aber diesen Teil aussparst, sozusagen draußen haben willst. Das ist schwer zu vereinbaren. Wenn er mitsoll, dann musst du ihn auch da zumindest abholen. Seine Sorgen oder Befürchtungen ernst nehmen und nicht abtun als "du bist kinderlos, was weißt du schon". Vielleicht ist das die Krux bei euch.
Hab aber jetzt nur mal so ins Blaue geraten.
Herzlich,
Frau Evi