Hey,
ich habe auch Depressionen und habe bisher nie Ablehnung erfahren. Weder von meiner Familie noch Freunde auch nicht von Arbeitskollegen. Ich gehe sehr offen damit um. Also wenn du Fragen hast, immer her damit :)
Doch bevor ich auf deinen Kommentar eingehe, erzähle ich mal wie das bei mir war/ist.
Vermutlich zähle ich zu den wenigen aber ich weiß ungefähr wann es bei mir richtig losging. Gefährdet war ich schon immer, da ich seit dem Kindergartenalter an beinahe durchgehend gemobbt und ausgegrenzt wurde. Glücklicherweise war ich nie allein, denn ich habe eine Zwillingsschwester und zusammen haben wir das einigermaßen durchgestanden. Wobei sie mehr drunter gelitten hat als ich, da sie sensibler ist.
Es war der Sommer 2018. Damals war ich noch mit meinen Ex zusammen. Zu dem Zeitpunkt erst ein halbes Jahr. Er hatte einen großen Kinderwunsch und das wusste ich von Anfang an. Eher durch Zufall, gestand ich ihm etwas was ich schon viel früher hätte gestehen müssen. Mal wieder hat er darüber gesprochen wie gern er doch Kinder haben wollte und dieses Mal überkam es mich und gestand ihm das ich massiv unter einer Schwangerschaftsphobie leide. Diese Phobie ist emotional äußerst extrem schon ohne Partner mit Kinderwunsch. Man kann sich ja ungefähr ausmalen wie es mir ging dieses halbe Jahr oder? ;)
Ich habe unglaubliche Angst vor der Geburt. Bzw. das ich sterben könnte. Leider kommt das auch nicht von ungefähr. Dazu muss ich ein wenig ausholen. Ich nehme mir einfach mal die Zeit :)
Meine Mutter hat seit unserer Geburt schwere Depressionen und ist auch von der Geburt schwer traumatisiert. Ich kenne jede noch so blutige Einzelheit von kleinauf. Alles Dinge die man einem Kind nicht erzählen sollte aber heute verstehe ich warum sie das getan hat. Sie musste sich Mitteilen und es war auch ein Hilferuf. Den bis heute ist sie deswegen nicht zum Psychologen gegangen. Sie ist beinahe verblutet aufgrund unfähiger Ärzte. Tatsächlich war das Krankenhaus für ihre hohe Kindersterblichkeit bekannt aber es war das einzige mit einem Kreissaal. Mittlerweile ist der zum Glück lange geschlossen. Meine Oma hat drei Kinder zur Welt gebracht und bei jeder Geburt wäre sie auch fast gestorben. Dann hab ich wahrscheinlich das Blutergen von meinem Opa geerbt. Jedenfalls deutet es darauf hin. Neben den psychischen Problemen kommt also noch Körperliche dazu.
Soweit zur Erklärung für meine Phobie, die wohl eine Ausnahme unter allen Phobien ist.
Ich habe ihm das jedenfalls gebeichtet und seine Reaktion war erschüttert und kannte ich auch nicht von ihm. Er sagte nur: „Andere haben es ja auch geschafft.“ Und ging ohne ein weiteres Wort. Es hat Monate gedauert bis wir da drüber sprachen und er mir sagte, dass er total überfordert mit der Beichte war. Dennoch hat diese Reaktion bei mir eine sehr tiefe Wunde hinterlassen, die noch immer nicht verheilt ist. Seit dem denke ich über eine Sterilisation nach und mittlerweile bin ich soweit das ich die machen möchte. Die Angst Schwanger zu werden ist viel zu groß und ich möchte absolut keine Kinder haben.
Seit dem Vorfall ging unsere Beziehung bergab. Ein Jahr später machte er mit mir Schluss. Heute bin ich froh darüber, da unsere Zukunftspläne nicht kompatibel waren. Wir sind Freunde und verstehen uns besser denn je.
Jedoch war es bis dahin ein sehr steiniger Weg.
Ich habe ca. 10 Wochen gebraucht bis ich‘s geschafft habe mir selber in den Arsch zu treten und nochmal so lange bis ich die Gefühle, Gedanken und Erlebnisse aus und nach der Beziehung (vorallem die Selbstmordgedanken. Die setzten nach der Trennung erst ein) soweit verarbeitet habe, dass ich eine neue Beziehung eingehen konnte. Seit Mitte Januar bin ich mit jemanden zusammen, der genau weiß wie es mir geht, denn er hat seit Jahren Depressionen.
Der Prozess den ich durchgemacht habe, war und ist sehr wichtig. Jede Depri ist anders, da jeder Mensch anders ist. Die Erlebnisse die ich in der Beziehung gemacht habe, musste ich verarbeiten und so komisch das auch klingt, mein Ex war und ist weiterhin eine verdammt wichtige Stütze für mich. Solche Stützen brauchst du auch. Ohne Ihn hätte ich‘s nicht geschafft. Das ich Depressionen habe, habe ich mir erst nach der Trennung eingestanden und habe mich erstmal zurück gezogen. Den eines ist wichtig in dieser Krankheit: Egoismus.
Man muss ich zuerst um sich kümmern. Selber mit der Krankheit klar kommen und jeden außen vor lassen, der dir im Weg steht.
Glücklicherweise hatte ich niemanden der mir im Wege steht und stand. Jedenfalls nicht absichtlich. Ich habe mich zurückgezogen aus Gruppen, die mir wichtig waren aber mir mehr weh taten und emotional fertig machten. Die konnten nichts für. Sie wussten es ja nicht mal.
Ich habe es ganz ohne Professionelle Hilfe geschafft, da ich viel Unterstützung hatte. Den hast du, soweit ich das beurteilen kann, leider nicht. Daher schließe ich mich den anderen an und sage dir, dass du dir Hilfe suchen sollst. So schnell wie möglich. Eins ist noch wichtig: Dieser Prozess ist äußerst wichtig für dein weiteres leben. Daher solltest du niemanden rein lassen, der dir da in die Quere kommt. Notfalls Abbruch von Kontakten. Deine Eltern scheinen leider zu dieser Kategorie zu gehören und wenn sie sich nicht über die Materie schlauer machen wollen, würde ich auch zu ihnen den Kontakt abbrechen. Zumindest vorerst. Außerdem rate ich dir deine Freunde aufzuklären. Mir scheint es, dass sie dir helfen wollen aber nicht wissen wie und auch nicht wissen wie sie damit umgehen müssen.
Ich habe die Erfahrung gemacht das Menschen ohne psychische Erkrankungen nicht auf die Idee kommen dich einfach in den Arm zu nehmen und einfach da zu sein. Einfach nix sagen nur da sein. Klingt komisch, ist aber so.
Zuletzt möchte ich dir noch ein Tipp geben um den Roman abzuschließen den ich gerade geschrieben habe.
Ich habe angefangen meine Gefühle, Gedanken und Erlebnisse aufzuschreiben in einem Gefühlstagebuch. Man sagt ja nicht umsonst das Papier geduldig ist und ich habe große Probleme gehabt zu beschreiben wie es mir geht. So konnte ich all das einen Namen und einen Sinn geben. Dementsprechend konnte ich das so einfacher verarbeiten, da ich’s nicht mehr in mich hineinfresse. Ich mache das noch immer wenn mir schlecht geht. Das kann ich jedoch nur wenn ich allein bin. Da es eine für mich äußerst intime Sache ist. Was ich darein schreibe, ist mein tiefstes inneres und ganz allein für mich bestimmt. Wer weiß, vielleicht verbrenne ich es. Oder ich behalte es und lese es mal in ein paar Jahren.
Vielleicht hilft dir das ja auch. Mal ausprobieren. Tut ja nicht weh :)
Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg für deine Therapie. Ich hoffe du findest eine Stütze. Jemand der dir hilft und nicht an deinen Holzpfahl sägt.
Wir sind ja auch für dich da.
LG
Pati