Auch in einem Männerherz schlummert ein wenig die Romantik (mal abgesehen davon, dass die meisten Romantiker in der Epoche im 19. Jahrhundert Männer waren, obwohl mir auch mit der Günderrode, der Bettina von Arnim und der Annette von Droste-Hülshoff direkt ein paar Frauen einfallen).
Das mit dem Bahnfahren hat schon so seinen eigenen Reiz: Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?
Als ich Student war, hat eine Kommilitonin herausgefunden, wann ich voraussichtlich mit der S-Bahn fahre: Jeden Dienstag gegen 9 zur Ethnologie-Vorlesung. (Mein Interesse an ihr wäre ja auch vorhanden gewesen, aber es kommt alles anders, als Frau und Mann so denkt).
Da ich ja nicht wissen konnte, dass sie immer dienstags um 9 an der S-Bahn-Station auf mich wartet, und ich zeitweise die Vorlesung in Ethnologie für ziemlich uninteressant hielt, musste sie die Warterei mehrere Wochen hintereinander auf sich nehmen. Als ich dann an einem Dienstag endlich wieder auftauchte, überhäufte sie mich mit Vorwürfen und fiel gleich mit der Tür ins Haus: Da habe sie Woche für Woche auf mich gewartet, und ich Trottel sei nicht gekommen, hätte wohl nichts gemerkt ... (Ich wusste nicht, wo sie wohnt, hatte keine Kontaktdaten, kannte sie nur von der S-Bahn). Boah: Damit habe ich doch gar nicht gerechnet.
Blöderweise war der Ton dieser äußerlich sehr attraktiven jungen Frau so wenig angenehm, dass ich mich zu einem Date einfach nicht mehr durchringen konnte. Habe es selbst bedauert und mich schon nach einer Minute mit ihr über irgendeine Belangslosigkeit gestritten. Dann haben wir uns in der S-Bahn nur noch angeschwiegen.
Wenn alles so anfängt, war es wohl besser so, wie es gekommen ist.
Ein anderer Typ Mann, der mit so einem Temperamentsbolzen hätte umgehen können, wäre von ihr wohl recht glücklich gemacht worden.