In vielen Beziehungen schleicht sich meist nach viel längerer Zeit als bei euch so eine Art "Empfindlichkeit" und Missverstehen ein, das es merkwürdigerweise ganz am Anfang der Beziehung nicht gegeben hat.
Vieles wird als Kritik gewertet, was nicht als solche gemeint war.
Das nennt man Fehlinterpretation der Kommunikationsebenen.
Was als Sachäußerung gemeint war, wird dann auf der Appell- oder sogar auf der Beziehungsebene entgegengenommen. Die Feststellung "Das ist kein Parkett" wird dann in dem Sinne missdeutet, dass es doch eigentlich vom Anspruch her Parkett sein sollte: also als eine Art von Appell im weitesten Sinne an die Partnerin.
Wir sollten uns aber auch klarmachen, dass jedes Statement ja nicht einfach ohne Zweck gemacht wird. Auch jede Tatsachenfeststellung dient ja irgendeinem Zweck: Der/die Partner*in nimmt also unbewusst sofort eine Um-Interpretation vor und unterstellt eine bestimmte Zielsetzung. Nur: Ist es nicht oft so, dass wir mit unserer Tatsachenfeststellung ein bestimmtes Ziel verfolgen?
Klar: Wir wollen die Partnerin damit nicht kritisieren. Es ist ja keine Diskussion über ihre Persönlichkeitsstruktur, sondern nur über die Bodenbeschaffenheit. Aber an so etwas Banalem zeigen sich dann doch ganz gehörige Wertungsunterschiede: Dir als ihrem Freund ist das ja irgendwie wichtig, sonst würdest Du dazu nichts sagen. Ihr ist es unwichtig oder nebensächlich. Aber Wertungsdifferenzen zeigen ja Unterschiede in Partnerschaften auf.
Herkunft, Finanzen, Orientierungen, was Materielles betrifft, oder einfach nur großer Ordnungssinn und Hang zu Perfektionismus bzw. auf ihrer Seite weniger Perfektionismus. All sowas fällt in solchen Situationen nunmal auf.
Ein anderes Beispiel ist der Induktionsherd: Ich selbst habe ja einen und bin totaler Fan davon, kenne aber genug Leute, die dafür wenig Verständnis haben. Das andere tut es ja auch. Nur: Vielleicht hat sie ja bei der Einrichtung einen Fehler gemacht. Oder einfach mal die 200 Euro sparen wollen. Oder sich vom Verkäufer was aufschwatzen lassen: Ich weiß ja aus Erfahrung, dass die meisten beim Küchenkauf ein festes Budget vorgeben, das nicht übertroffen werden darf. Die Küchenverkäufer sparen dann an einem mit Sicherheit: an den Geräten, aber nicht an den Möbeln. - Solche Diskussionen sind dann nachträglich schon schwierig: Schließlich weiß sie dann, dass Du viel lieber an einem Induktionsherd als an einem anderen kochst. - So eine Bemerkung wie Dir würde mir übrigens auch passieren, aber dann käme gleich eine Klarstellung und eine Äußerung, dass ich ihre Entscheidung verstehe (siehe oben). Nicht immer so kurz angebunden sein: Das führt zu Missverständnissen ersten Ranges.
Ja, ich kann Dich verstehen, und ich kann sie verstehen. Ihr benötigtet beide eine Art von Kommunikationstraining, um eure Ebenen besser zu verstehen und abzugleichen (lies mal nach bei von Thun in seinen Kommunikationshandbüchern).
Schade, dass wegen solcher Lächerlichkeiten (!) Beziehungen scheitern. Was ist dann erst, wenn es wirkliche Probleme gibt.