Ich lebe jetzt seit etwa 2 1/2 Jahren in einer Fernbeziehung. Ich weiß, dass mein Freund mich über alles liebt. Wir sprechen sehr offen über unsere Gefühle und über unsere Vorstellungen.
Klingt nach einer Traumbeziehung, nicht wahr?
Nun ja, ich befinde mich zur Zeit ziemlich im Abiturstress. Er hat gerade sein Studium abgebrochen und steht nun mit leeren Händen und keiner Ausbildung vor seiner Zukunft (mit 25 Jahren). Ich bin ein Mensch, der streng nach Plänen und Struktur lebt. Mich macht es wahnsinnig, nicht zu wissen, was als nächstes kommt.
Da er, meines Erachtens, nicht den nötigen Ehrgeiz aufbringt, etwas an seiner Situation zu verändern, zweifel ich stark an einem gemeinsamen Zukunftsgedanken.
Er ist intelligent, humorvoll, versteht mich, vertraut mir...
Er ist das fehlende Puzzleteil in meinem Leben - so dachte ich.
Sehr lange.
Im Januar war ich dann eines Abends mit Freunden tanzen und auch ein wenig "über den Durst" trinken.
Ich hätte nie gedacht, dass ich meinen Freund betrügen könnte.
Und doch, es ist passiert.
Ich habe es genossen, angeflirtet zu werden, begehrt zu werden...
Wir haben uns danach noch einmal getroffen. Meine "Affäre" war mir bis dahin egal. Ich hab an diesem Punkt noch nicht an der Beziehung zu meinem Freund gezweifelt und es als zweiten Ausrutscher betrachtet.
Das Problem an meiner Affäre ist, dass sie "erreichbar" ist. Sie wohnt in meiner Stadt, sieht unheimlich attraktiv aus und ist natürlich verboten.
Klingt seltsam, nicht wahr?
Ich halte mich eigentlich nicht für eine Schlampe oder für ein kleines Flittchen und dennoch fühle ich mich zur Zeit so.
Gestern habe ich mich mit meiner Affäre wieder einmal getroffen. Es war bereits 5:30 morgens und er wollte, dass ich noch schnell vorbeikomme.
Ich nehme mir also ein Taxi und fahre zu ihm.
Dort angekommen, gestehe ich ihm, dass ich mittlerweile mehr für ihn empfinde.
Ich habe einfach viel zu viel Gefühl in diese "Fick"-Beziehung gesteckt.
Meine Affäre war ziemlich baff. Hat mir dann bestätigt, dass ich ja voll toll sei und wie schön es immer mit mir sei. Das ist natürlich genau das gewesen, was ich hören wollte. Ich will permanente Selbstbestätigung. Ist das krank?
Ich will, dass man mir sagt, wie wundervoll ich bin.
Letztendlich hat auch meine Affäre bekommen, was sie wollte und ich durfte nach 30 minütiger Anwesenheit und voll verrichteter Dinge wieder nach hause fahren.
Ich habe ihn dann gefragt, warum er nicht will, dass ich noch länger bleibe. Warum käpft er nicht um meine Anwesenheit, wenn ich doch so toll bin?
Darauf sagt er nur noch: "Gute Nacht. Komm gut nach hause."
Ich fühle mich schlecht. Nicht weil ich meinen Freund betrüge, sondern weil ich mich unter Wert verkaufe. Ich suche nach Anerkennung. Traurig. Ich weiß.
Ich gebe ihm alles, was er will, nur damit er mir sagt, wie toll ich bin. Die Selbstzweifel in mir scheinen immer stärker zu werden. Bisher dachte ich, ich sei eine starke, junge Frau. Unabhängig und zielstrebig. Ich dachte, ich bekäme immer alles, was ich will und nur das, was ich will.
Und jetzt bin ich ein Spielball seiner Triebe geworden.
Ich denke über sofortigen Kontaktabbruch nach. Aber ich kann es nicht.
Bin ich verliebt? Nein, wohl nicht.
Aber ich frage euch, wie kann ich mir meine Würde zurückholen?
Weiß jemand Rat?
Ich weiß, meine Probleme sind nichts im Vergleich zu denen, die ihr hier behandelt und diskutiert.
Wahrscheinlich bin ich auch einfach noch zu jung und muss diese Geschichte als eine miese Erfahrung abhaken.
Aber es ist absolut nicht leicht.
Ich wünsche euch allen das Beste.
Hoffentlich seid ihr mir nicht sauer, dass ich mich jetzt hier einfach dazwischen schiebe.
LG,
schnef